Keine Frage, Berge sind was Tolles, und dort zu Wandern oder zu Klettern ist einfach nur beeindruckend. Aber steile Wände, schroffer Fels und hohe Gipfel wären nur halb so schön, wenn es dazu nicht auch eine großartige Flora und Fauna – also Tiere und Pflanzen in den Alpen – gäbe.
In den Alpen gibt es rund 2500 verschiedene Pflanzenarten, die die unterschiedlichsten Gebirgsregionen besiedeln.
Genau aus diesem Grund haben wir uns überlegt, dass wir euch mit diesem Beitrag einmal die faszinierende Pflanzenwelt der Alpen näherbringen wollen. Konkret: Die Blumen der Alpen.
Und ja, zur Pflanzenwelt gehören nicht nur Blumen, sondern auch Bäume, Moose, Gras und dergleichen. Aber das ist nun mal, um mit Fontane zu sprechen, ein weites Feld. Wir werden daher in diesem Artikel immer mal wieder zwischen der Flora im Allgemeinen und den Alpenblumen im Besonderen hin und her springen. So, genug geschwafelt! Los geht der wilde Ritt!
Die Alpenflora
Vereinfacht gesagt, zählt man zur Alpenflora alle Pflanzenarten, die in den Alpen oberhalb der Baumgrenze vorkommen. Je nach Gebiet kann es aber auch sein, dass eine oder mehrere Pflanzenarten nicht nur oberhalb der Baumgrenze, sondern vereinzelt auch in Tallagen zu finden sind. In diesem Fall werden auch die Pflanzen, deren Verbreitung sich bis in die Täler erstreckt zur Alpenflora gezählt.
Besonders ist dabei, dass die Flora der Alpen sehr unterschiedlich ist. Während sich manche Pflanzen über nahezu den ganzen Alpenraum verbreitet haben, gibt es auch verschiedene Arten, die nur in einzelnen Gebieten vorkommen. Auch bestehen die Alpen aus regional unterschiedlichen Gesteinsarten und Bodenzusammensetzungen, was wiederum das Wachstum einzelner Pflanzen begünstigt oder beeinträchtigt.
Ganz allgemein gesprochen ist die Alpenflora sehr vielfältig und setzt sich aus unzähligen ganz unterschiedlichen Pflanzenarten zusammen. Schaut man sich hierzu einmal die Entstehungsgeschichte an, wird schnell klar, warum das so ist.
Wir reisen also kurze 60 Millionen Jahre zurück: Ganz Gallien ist von den Römern besetzt (ääh, sorry, falscher Text …). In ganz Mitteleuropa herrscht ein subtropisches und feuchtes Klima. In ganz Europa? Ja! In ganz Europa, und auch im kleinen gallischen Dorf! In dieser Zeit entsteht durch das günstige Klima ein weitestgehend immergrüner Bewuchs, der sich vor allem durch seinen großen Artenreichtum auszeichnet.
Im jungen Tertiär begann jedoch die Auffaltung der Alpen, in Verbindung mit einer signifikanten Klimaverschlechterung. Dies wiederum bewirkte, dass viele Tropengewächse verdrängt wurden und nur kleinwüchsige verwandte Arten, wie beispielsweise die Hauswurzen zurückgeblieben sind. Diese Verdrängung machte aber auch Platz für andere Arten, deren Besiedlung des Alpenraums nach heutigem Kenntnisstand auf drei unterschiedlichen Wegen erfolgt ist:
- Tieflandgewächse, die sich an die neuen Bedingungen angepasst haben
- Pflanzen aus Gebieten mit ähnlichen klimatischen Bedingungen
- Pflanzen aus dem Mittelmeerraum, die sich an die Gegebenheiten im Alpenraum angepasst haben
Darüber hinaus hat die einsetzende Eiszeit die Alpenflora und die Verbreitung der einzelnen Arten stark beeinflusst. Auch heute noch herrschen im alpinen Bereich ganz besondere Bedingungen, an die sich die unterschiedlichen Pflanzenarten angepasst haben.
Vegetationsperiode und Schnee
Je nach Höhenlage ist die Vegetationsperiode in den Alpen vergleichsweise kurz. Ab einer Höhe von 2000 Metern geht man von ca. 2 Monaten aus, über 3000 Metern sinkt diese Zeit bereits auf wenige Wochen, was wiederum eine besondere Anpassung der Pflanzen erfordert um den Fortbestand der Arten zu sichern. Ein weiterer Faktor, der die Pflanzen maßgeblich beeinflusst, ist die Auswirkung von Schnee.
Im Hochgebirge ist die Mächtigkeit und Dauer der Schneebedeckung stark unterschiedlich und erfordert ebenfalls eine gute Anpassung der Pflanzen. Die kurze Vegetationszeit führt beispielsweise zu einem sehr langsamen Wuchs und auch die Wuchsform ist überwiegend gedrungen. Außerdem haben zahlreiche Pflanzen besondere Strategien entwickelt, die ihnen in der knapp bemessenen Vegetationszeit eine schnelle Vermehrung ermöglichen.
Klimatische Bedingungen und Wasserversorgung
In den Alpen können die klimatischen Verhältnisse sehr unterschiedlich ausfallen. So ist beispielsweise die UV-Strahlung in großen Höhen stärker als in Tallagen. Auch die Niederschlagsmenge ist unterschiedlich ausgeprägt. Wenngleich der gesamte Alpenraum als Gebiet mit überdurchschnittlich hoher Wasserversorgung gilt, bekommen beispielsweise die Nord- und Westseite der Alpen deutlich mehr Niederschläge ab als die Gebiete im Süden und Osten.
Auch Faktoren wie Wind oder Temperaturschwankungen haben einen starken Einfluss auf die Pflanzenwelt. Daher ist es nur wenig verwunderlich, dass sich die Pflanzen an diese Bedingungen angepasst haben und beispielsweise durch bestimmte Wuchsformen (z. B. Polsterwuchs, gedrungener Wuchs) oder auch durch eine „Behaarung“ oder wachsartige Überzüge den klimatischen Bedingungen in ihrem Verbreitungsgebiet trotzen können.
Typische Pflanzen der Alpen
Wie bereits erwähnt, gibt es in den Alpen circa 2500 Pflanzenarten. Darunter auch zahlreiche Blumen, die je nach Jahreszeit durch ihre teilweise farbenfrohen Blüten auffallen. Alle Pflanzen, die in den Höhenlagen der Alpen vorkommen, haben sich an ihr Umfeld angepasst und verfügen teilweise über besondere Eigenschaften, die ihnen ein Überleben sichern. Aber schauen wir uns das doch einmal an ein paar ganz konkreten Beispielen an.
Das Edelweiß
Das Alpen-Edelweiß (Leontopodium nivale subsp. alpinum) kommt nicht nur im Alpenraum vor, sondern auch in zahlreichen anderen Gebieten, wie beispielsweise den Pyrenäen oder den Karpaten. Klassischerweise findet man das Edelweiß in Höhenlagen von ca. 1800 bis 3000 Metern. Es besiedelt dabei alpine Grasflächen ebenso wie entlegenere, felsige Gebiete. Das Edelweiß ist keine eigentliche Steilwandpflanze, wenngleich uns das Film und Fernsehen gerne glauben lassen.
Wer einmal ein Edelweiß genauer betrachtet hat, dem wird sicherlich das filzartige Aussehen einzelner Blätter aufgefallen sein. Diese Härchen sind ein gutes Beispiel für die Anpassungen an die Bedingungen im Hochgebirge. Sie sorgen nämlich dafür, dass die Pflanze gut vor UV-Strahlung geschützt ist und auch in warmen Trockenperioden nicht austrocknet. Außerdem wird das Edelweiß oft als Symbol für die Alpen verwendet. Wenn ihr darüber mehr erfahren wollt, dann können wir euch auf jeden Fall unseren Blogbeitrag über das Edelweiß empfehlen.
Der Enzian
Den “einen Enzian” gibt es nicht, dafür aber zahlreiche unterschiedliche Enzianarten, die nahezu weltweit verbreitet sind. In den Alpen sind von dieser Pflanze rund 35 Arten zu finden. Ein typischer Vertreter dieser Gruppe ist der Alpen-Enzian (Gentiana alpina), der vor allem im Westen und Südwesten der mittleren Alpen in Höhenlagen von 2000 bis 2600 Metern vorkommt. Er besiedelt bevorzugt kalkarme Böden und wächst beispielsweise auf steinigen Grasflächen und Magerwiesen.
Auch der Enzian hat sich perfekt an seine Umgebung angepasst, das zeigt sich beispielsweise in der geringen Wuchshöhe von nur rund 8 cm. Auch der Enzian ist ein viel verwendetes Symbol im Alpenraum. Er ist beispielsweise auf österreichischen 1-Cent-Münzen zu finden, aber auch auf dem schweizerischen Fünffrankenstück, er ziert die Verpackung von Butter und Senf und leiht zahlreichen Pensionen und Hotels seinen Namen.
Das Alpenveilchen
Bei deutschen Omas ist das Alpenveilchen als Zimmerpflanze sehr beliebt. Dabei kommt dieser aus heimischen Wohnzimmern sehr bekannte Vertreter, nicht einmal aus den Alpen, sondern aus Vorderasien. Es klingt paradox aber wenngleich die Pflanzengattung der Alpenveilchen zahlreiche Arten umfasst, kommt lediglich das Europäische Alpenveilchen (Cyclamen purpurascens) in den Alpen vor. Es besiedelt nahezu den gesamten Alpenraum und man findet es sowohl in Tallagen, als auch in Höhen von bis zu 2000 Metern.
Das Europäische Alpenveilchen wird je nach Standort 5-15 Zentimeter hoch und kann auch kalte und schneereiche Winter durch die im Boden liegende, scheibenförmige Knolle problemlos überdauern. Auch rauere Bedingungen sind für die Knolle kein Problem, sie kann auch ohne Wasser oder Erde austreiben und sich durch kurze Ausläufer vermehren. In der Regel blühen Alpenveilchen im Zeitraum von Juni bis September, die Bestäubung erfolgt durch Insekten wie Hummeln oder Selbstbestäubung.
Krokusse
Auch der Krokus ist keine endemische Alpenpflanze. Im Alpenraum sind daher vor allem der Alpen-Krokus (Crocus albiflorus) und der Garten- oder Frühlings-Safran (Crocus vernus) zu finden. Auch Krokusse werden nicht besonders groß, je nach Art kommt eine Pflanze im Alpenraum auf gerade mal 5 bis 15 Zentimeter Wuchshöhe.
Der Krokus verfügt ebenfalls über eine Knolle zur Überdauerung der Zeit außerhalb der Vegetationsperiode. Außerdem bietet er ein weiteres gutes Beispiel für die Anpassung an die besonderen Bedingungen im Hochgebirge: Die Laubblätter des Krokus sind vorne verdickt und laufen spitz zu. Dies hilft der Pflanze beim Austreiben im Frühjahr, da sie so die Schneedecke besser durchstoßen kann.
Naturschutz und Gefährdungslage der Pflanzen der Alpen
Trotz der hohen Pflanzenvielfalt in den Alpen sind zahlreiche Arten stark gefährdet. Das hat unterschiedliche Gründe, ist aber hauptsächlich auf Faktoren wie übermäßige Bewirtschaftung des Lebensraums der Pflanzen, Massentourismus und gewerbsmäßiges Pflücken zurückzuführen.
Kurz und gut: Wer die Pflanzen schützen will, muss auch ihren Lebensraum schützen. Hierzu gibt es in den Alpen zahlreiche Naturschutzgebiete, Biotope und Nationalparks, die den Lebensraum seltener Arten schützen sollen. Außerdem bestehen für stark gefährdete Pflanzen je nach Region oder Land allgemeine Pflückverbote.
Einen Grundstein dazu legt die Alpenkonvention. Hierbei handelt es sich um einen internationalen Staatsvertrag aller Alpenländer. Die Alpenkonvention gibt es seit 1991, sie definiert in mehreren Protokollen die gemeinsamen Ziele, Leitlinien und Grundsätze der Alpenländer zur Einhaltung hoher Naturschutzstandards, zum Klimaschutz und zur Förderung eines sanften Tourismus.
Die Nationalparks der Alpen
In den Alpen gibt es insgesamt 13 Nationalparks, die sich auf die Länder Deutschland (1), Schweiz (1), Slowenien (1), Frankreich (3), Österreich (3) und Italien (4) verteilen. Alle Nationalparks dienen in erster Linie dem Naturschutz, setzen diesen aber unterschiedlich um und verfolgen dabei auch unterschiedliche Ziele. Während beispielsweise der Nationalpark Vanoise im Jahr 1963 vornehmlich dazu gegründet wurde, das Aussterben des Alpensteinbocks zu verhindern, wird im Nationalpark Berchtesgaden versucht2, im Kerngebiet einen möglichst ursprünglichen und naturnahen Lebensraum für eine breite Vielfalt an Pflanzen und Tieren zu erhalten.
Der Nationalpark Berchtesgaden ist der einzige deutsche Nationalpark in den Alpen. Dieser liegt in den nördlichen Kalkalpen, an der Grenze zwischen dem Südosten Bayerns und Österreich. Die wichtigste Aufgabe dieses Nationalparks ist der Naturschutz. In einem Großteil des Kerngebiets wird daher die Natur sich selbst überlassen und nicht eingegriffen, was wiederum die Ansiedlung und Festigung des Bestands von (bedrohten) Tieren und Pflanzen begünstigt. Zusätzlich hat der Nationalpark Berchtesgaden aber auch verbindliche Verhaltensregeln für Besucher festgelegt, die unter anderem das Pflücken bedrohter Pflanzen untersagt und die Besucher auffordert, auf den Wegen zu bleiben.
Der Schutz gefährdeter Pflanzenarten im Alpenraum
Neben dem allgemeinen Schutz einzelner Gebiete gibt es aber auch Maßnahmen, einzelne Pflanzen gezielt zu schützen. Ein gutes Beispiel liefert uns dazu einmal mehr das Edelweiß. Denn das Edelweiß ist in bestimmten Teilen der Alpen stark gefährdet. Das liegt unter anderem daran, dass die Bestände der ohnehin schon seltenen Pflanze durch übermäßiges Pflücken in der Vergangenheit stark zurückgegangen sind.
Daher wurde das Edelweiß in einzelnen Alpenländern bereits früh unter Naturschutz gestellt und das Pflücken verboten. Auch gibt es Gebiete, in denen die Pflanzen in der Blütezeit von Organisationen wie der Bergwacht bewacht werden bzw. wurden, sodass das illegale Pflücken stark eingedämmt werden konnte.
Verhaltensregeln zum Schutz der Natur und der Pflanzen in den Alpen
Ist man in den Bergen unterwegs, sollte man sich auch so verhalten, dass die Natur durch den Besuch nicht oder nur so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Hierzu haben mehrere Bergsportverbände und Naturschutzorganisationen Vorgaben und Verhaltensregeln aufgestellt. Eigentlich sollten die allermeisten Punkte dieser Liste selbstverständlich sein. Ich habe euch aber trotzdem die wichtigsten Regeln, die zum Schutz der Pflanzenwelt dienen, nochmals zusammengetragen.
- Keinen Müll in die Landschaft werfen. Generell gilt das ohnehin überall, nicht nur in den Alpen. Aber gerade in entlegenen Gebieten hat Müll wirklich gar nichts zu suchen. Hierzu gehören übrigens auch Zigarettenstummel und organische Abfälle, die schlecht verrotten, beispielsweise Orangenschalen.
- Keine Pflanzen pflücken. In den Alpen gibt es zahlreiche geschützte Pflanzenarten, hier gilt klipp und klar: Finger weg! Aber auch Pflanzen, die nicht direkt unter Naturschutz stehen, sollte man lieber in Ruhe lassen, denn nur so wird die Natur dauerhaft geschont.
- Auf den Wegen bleiben. Gerade auf viel begangenen Routen oder in beliebten Gebieten lautet die Devise: Immer auf den Wegen bleiben, nicht abkürzen. Der Grund dafür ist einfach: Wer querfeldein läuft, stört nicht nur Tiere, sondern zertrampelt auch Pflanzen und trägt zur Bodenerosion bei.
Was lernen wir also daraus?
Die Pflanzen der Alpen sind so vielfältig und anpassungsfähig wie fragil und gefährdet. Deshalb ist es wichtig, die Alpenflora gezielt zu schützen und die Einwirkungen der Bewirtschaftung und des Tourismus so gering wie möglich zu halten. Wer sich also auch in Zukunft noch an Enzian, Edelweiß und Co. erfreuen will, sollte sich unbedingt an die geltenden Naturschutzbestimmungen halten und die Finger von den Pflanzen der Alpen lassen. Denn nur so kann sie auch der nächste Bergsteiger noch dort genießen, wo die Blumen am schönsten sind. In der freien Natur!
1 Kommentar zum Artikel
Zu den Enzianen sei noch zu erwähnen, dass es nicht nur niedrigwüchsige Arten gibt. Da gibt es zum Beispiel auch noch den Gelben Enzian (der, mit dem Schnaps), der Wuchshöhen bis 150 cm erreicht. Oder der Punktierte Enzian, der auch noch immerhin bis zu 60 cm hoch wächst. Ansonsten sehr spannendes Thema, über das sich ganze Bücher schreiben ließe. Mein Rekord liegt übrigens bei 8 verschiedenen, wilden Orchideen an einem Tag in den Allgäuer Alpen. Ja, ich bin etwas pflanzenverrückt ;-)