Extrembergsteigen ist eine der anspruchsvollsten und gefährlichsten Sportarten der Welt. In diesem Text möchten wir Euch neun Menschen vorstellen, die diese Gefahren nicht gescheut haben und durch ihre Leistungen am Berg zu Pionieren und Vorbildern des Sports geworden sind. Hier kommt unsere Liste neun berühmter Bergsteiger und ihre faszinierenden Geschichten.
Reinhold Messner (*1944)
In einer Liste berühmter Bergsteiger darf Reinhold Messner natürlich nicht fehlen. Er ist der wohl populärste Bergsteiger überhaupt. Messner gilt als Pionier des modernen Extrembergsports, denn seine damals neue Art des Bergsteigens revolutionierte die Szene für immer. Anstatt die Achttausender dieser Erde in einer großen Expeditionsgruppe zu erobern, bezwang er viele der höchsten Gipfel der Erde im anspruchsvollen aber deutlich kostengünstigeren Alpinstil.
Zusammen mit Peter Habeler führte er 1978 die erste Besteigung des Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff durch. Sie schrieben damit nicht nur Bergsport-Geschichte, sondern schufen neue medizinische Fakten. Denn viele Ärzte sagten Messner und Habeler im Vorfeld der Unternehmung voraus, sie würden ab einer Höhe von 8.500 Metern ohne künstlichen Sauerstoff entweder wahnsinnig werden oder umgehend sterben, das war die anerkannte Meinung der Zeit. Die beiden trotzten diesen unschönen Aussichten und gingen ohne Sauerstoff los, der Rest ist Geschichte.
Seinen wohl spektakulärsten Rekord vollendete Messner im Oktober 1986. Er bestieg mit dem Lhotse als erster Mensch seinen viertzehnten und letzten Achttausender. Das Gipfelrennen zwischen Messner und der polnischen Bergsteiger-Legende Jerzy Kukuczka, der zu diesem Zeitpunkt 11 der 14 Achttausender erklommen hatte, war somit entschieden.
Das Leben nach den 8000ern
Nach diesem Erfolg verlagerten sich Messners Abenteuer immer mehr von der Vertikale in die Horizontale. Er durchquerte beispielsweise die Wüste Gobi, die Antarktis und das Königreich Buthan zu Fuß und legte dabei viele tausend Kilometer zurück.
Aber nicht nur als Extremsportler hat sich Reinhold Messner hervorgetan: In seinen weit über 50 handgeschriebenen Büchern verarbeitetet er Reiseerlebnisse, setzt sich mit fernen Kulturen auseinander, und wagt sich des Öfteren selbst in philosophische Gefilde. Auch politisch ist Messner engagiert. Er setzt sich seit den 1980ern aktiv für den Klimaschutz ein und saß von 1999 bis 2004 sogar im Europäischen Parlament.
Und weil das alles noch nicht genug ist, begann Messner in den frühen 2000er-Jahren mit der Realisierung eines großen Museumsprojektes; dem Messner Mountain Museum . An sechs außergewöhnlichen Standorten in Südtirol und Belluno beschäftigen sich die Museen mit allem rund ums Thema Berg.
Schon zu Lebzeiten gilt Reinhold Messner als Legende. Kaum ein anderer hat so viel im Bereich des Alpinimus erreicht, geschweige denn so viel für ihn getan wie er. Ganz zurecht ist er deswegen in dieser Liste der berühmtesten Bergsteiger vertreten.
Messners größte bergsportliche Leistungen:
- 1970-1986: Besteigung aller 14 Achttausender als erster Mensch (ohne künstlichen Sauerstoff)
- 1975: Erste Besteigung eines Achttausenders im Alpinstil (Gasherbrum I)
- 1978: Erste Besteigung des Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff (mit Peter Habeler)
- 1978: Erste Solo-Besteigung eines Achttausenders (Nanga Parbat)
- 1982: Besteigung von drei Achttausendern binnen eines Jahres als erster Mensch (Kangchendzönga, Gasherbrum II, Broad Peak)
- 1984: Bisher einzige Überschreitung zweier Achttausender in einem Zug (Gasherbrum I und II)
2022 durften wir ein Gespräch mit Reinhold Messner führen. Schaut doch mal ins Video-Interview rein.
Ueli Steck (*1976; † 2017)
Ueli Steck gilt als einer der berühmtesten Bergsteiger aller Zeiten. „The Swiss Machine“ wie man ihn auch nannte, war aufgrund seiner unwiderstehlichen Geschwindigkeit am Berg weltberühmt. Er hält mehrere Geschwindigkeitsrekorde im Felswandklettern und schaffte spektakuläre Erstbegehungen.
Angefangen hat für ihn alles im Alter von 12 Jahren. Während seine Brüder lieber Eishockey spielten, interessierte sich der kleine Ueli als einziger in seiner Familie fürs Bergsteigen. Mit 18 Jahren dann durchstieg er das erste Mal die berühmte Eiger Nordwand und den Bonatti-Pfeiler.
Übung macht den Meister
Stecks Trainingsdisziplin war außergewöhnlich; es verging kaum ein Tag, an dem er nicht versuchte, ein besserer Alpinsportler zu werden. Das Klettern und die Berge waren sein Leben, wie er einst selbst sagte. Und das sollte sich auszahlen. Durch die medienwirksame und erfolgreiche Unternehmung, die Nordwände von Eiger, Mönch und Jungfrau zu durchsteigen, machte er sich 2004 einen Namen und lockte große Sponsoren an. Für die Erstbegehung der Tengkangpoche-Nordwand 2008 erhielt er gemeinsam mit Simon Anthamatten den Piolet d´Or, eine Art Oscar für Bergsteiger.
Hier seine größten Leistungen am Berg bis 2015:
- 2006: Erstdurchsteigung der Nordwand des Gasherbrum II
- 2008: Erstbegehung Tengkangpoche-Nordwand
- Auszeichnung mit dem Piolet d´Or 2009
- 2013: Erste Solo-Begehung der Annapurna-Südwand
- Auszeichnung mit dem Piolet d´Or 2014
- 2015: Mit 2h 22m 50s Geschwindigkeitsrekord für das Besteigen der Eiger Nordwand
- 2015: Besteigung aller 82 Viertausender der Alpen in 61 Tagen
Im Jahr 2017 wollte sich Steck mit einem letzten Mammutprojekt von der Extremkletterei verabschieden: Sein Ziel war die Überschreitung von Everest und Lhotse in einem Zug, also eine 8000er-Doppelüberschreitung. Lediglich Reinhold Messner und Hans Kammerlander haben das bisher geschafft.
Während der Vorbereitung auf dieses gewaltige Vorhaben verunglückte Ueli Steck am 30. April 2017 bei einer Trainingsbegehung am Nuptse unweit des Mount Everest. Sein überraschender Tod löste weltweit große Bestürzung aus. Doch er wird der Nachwelt als einer der ganz großen Bergsportler in Erinnerung bleiben.
Walter Bonatti (* 1930; † 2011)
Walter Bonatti wurde 1930 in Bergamo geboren und hatte lange Zeit nichts mit dem Bergsteigen am Hut. Bis zu seinem 18. Lebensjahr galt seine Leidenschaft dem Turnen und der Gymnastik. Erst Ende der 1940er Jahre begann er mit ersten Klettertouren und machte durch aufsehenerregende Erfolge schnell auf sich aufmerksam. Er durchstieg als erster Mensch die Südwand des Croz Dell’Altissimo (oberer 5. Schwierigkeitsgrad), was für die damalige Zeit einen Meilenstein darstellte. 1951 gelang ihm zusammen mit Luciano Ghigo die Erstbegehung der 400 Meter hohen Ostwand des Grand Capucin, und im Winter 1953 durchstieg er spektakulär alle drei Nordwände der Drei Zinnen.
Bonatti mauserte sich innerhalb weniger Jahre zum besten und berühmtesten Bergsteiger seiner Zeit. Einige Kenner bezeichneten ihn auch als den letzten großen „Klassischen Bergsteiger“, der das Klettern am Fels und im Eis auf seinen Touren nicht separierte, sondern als Einheit betrieb.
Das Drama am K2 und die Zeit danach
1954 war Bonatti Teil der umstrittenen italienischen K2-Expedition, bei der die Erstbesteigung des zweithöchsten Berges der Erde gelang. Bonatti selbst musste jedoch auf einen Gipfelerfolg verzichten. Dass er lebend von dieser Expedition zurückkehrte, glich einem Wunder. Eine ausführliche Beschreibung der Ereignisse auf dem K2 findet ihr hier.
Nach dieser Expedition konzentrierte sich Bonatti zunehmend auf Alleingänge. Seine sechstägige Solo-Begehung des Südwestpfeilers des Petit Dru im Jahr 1955 gilt als ein Markstein in der Alpingeschichte, weshalb der Pfeiler heutzutage auch Bonattipfeiler genannt wird. 1958 wagte sich Bonatti erneut mit einer italienischen Expeditionstruppe ins Karakorum-Gebirge an den unbestiegenen Gasherbrum IV (7.932 m). Auch dieses Vorhaben beendete Bonatti erfolgreich. Die vom Team eingeschlagene Route über den Nordostgrat gilt als äußerst anspruchsvoll und wurde bis heute nicht wiederholt.
Seine professionelle Alpinistenkarriere beendete Bonatti 1965 mit einem Paukenschlag. Vom 19. bis 22. Februar erschloss er vollständig allein eine neue Route durch die 1.200 m hohe Nordwand des Matterhorns und meisterte damit das erste Wintersolo an einer der drei großen Nordwände der Alpen. Nach dieser letzten großen Tour widmete sich Bonatti der Naturfotografie, bereiste als Reisejournalist die entlegensten Orte der Erde und schrieb zahlreiche Bücher.
2011 starb Bonatti im Alter von 81 Jahren in Rom als einer der berühmtesten Bergsteiger aller Zeiten. Durch seine bahnbrechenden Leistungen am Berg und seine vorbildhafte Einstellung zum Alpinismus und zum Naturschutz machte er sich weit über die Grenzen der Bergsport-Gemeinschaft unsterblich.
Bonattis größte Leistungen:
- 1951: Erstdurchsteigung der Ostwand des Grand Capucin
- Winter 1953: Durchsteigung aller drei Nordwände der Drei Zinnen
- 1954: Teil der italienischen K2-Expedition
- 1955: Solo-Begehung des Südwestpfeilers des Petit Dru (Bonattipfeiler)
- 1958: Erstbesteigung des Gasherbrum IV
- Winter 1965: Erste Solo-Winterdurchsteigung der Matterhorn-Nordwand
- 2009: Auszeichnung mit dem Piolet d’Or für sein Lebenswerk
Hermann Buhl (* 1924; † 1957)
Der österreichische Alpinist Hermann Buhl wurde 1924 in Innsbruck geboren und wuchs dort in armen Verhältnissen auf. Buhl brachte sich das Klettern in den Bergen der Tuxer Alpen, des Karwendel oder des Kaisergebirges praktisch selbst bei. Sein Talent und unbändiger Wille ließen ihn über die Jahre zu einem der besten Alpinisten seiner Zeit avancieren. Seine Paradedisziplin war hierbei das herausfordernde Winterbergsteigen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte er nun auch Geld für Reisen in die Westalpen oder die Dolomiten auf. Seine Erfolge in dieser Zeit umfassten:
- die erste Winterbegehung der Marmolada-Südwestwand
- die Erstüberschreitung der Aiguilles Chamonix
- die Erstbesteigung der Maukspitzen-Westwand
Buhl kletterte viel im Alleingang und entwickelte sich am Berg über die Jahre zu einem großen Individualisten. Diese oft aneckende und schwierige Charaktereigenschaft sollte ihm bei einer der größten Leistungen des modernen Alpinismus behilflich sein: der Erstbesteigung des Nanga Parbat.
Der Einzelgänger bezwingt den Nanga Parbat
Im Sommer 1953 wagte sich abermals eine deutsche Expeditionstruppe an den Nackten Berg. Die Expedition kam aufgrund schlechter Wetterverhältnisse auf 6.900 Meter zum Stocken, und Buhl sah seine Chance auf einen Gipfelerfolg schwinden. Deshalb brach er am 03. Juli 1953 um 2 Uhr allein auf und stand nach einem 17-stündigen, waghalsigen Gewaltmarsch als erster Mensch auf dem 8.125 m hohen Gipfel des sogenannten “Schicksalsberg der Deutschen”.
Dass er auch den Abstieg zu Lager V nahezu unbeschadet überstand, hatte er nicht nur seiner exorbitanten Leidensfähigkeit zu verdanken. Während seines Alleingangs putschte sich Buhl immer wieder mit Pervitin (“Crystal Meth”) auf. Zudem waren die Wetterverhältnisse an diesen zwei Tagen überraschend gut, der einzige Grund, warum Buhl ein ungeschütztes Stehbiwak auf 8.000 Metern überleben konnte. Nichtsdestotrotz machte er sich mit dieser Pionierleistung in seiner Heimat einen Namen als berühmter Bergsteiger. Er wurde 1953 zum österreichischen Sportler des Jahres gekürt und reiste für Expeditionsvorträge durch ganz Europa.
Buhls Gipfelhunger war mit diesem Erfolg jedoch nicht gestillt. 1957 gelang ihm gemeinsam mit Kurt Diemberger, Fritz Wintersteller und Markus Schmuck die erstmalige Besteigung des 8.051 m hohen Broad Peak. Bemerkenswert hierbei war auch die Art und Weise der Besteigung. Die vier Bergsteiger wandten eine Art Prä-Alpinstil an, indem sie die Route am Berg selbst vorbereiteten und im Vergleich zu großen Expeditionen mit nur wenig Gepäck auskamen.
Der frühe Tod
Ende Juni 1957 versuchte Buhl mit Diemberger, die 7.668 m hohe Chogolisa zu erklimmen. Die beiden mussten auf 7.300 m Höhe aufgrund schlechten Wetters umkehren. Buhl verlor beim Stapfen durch den Schnee die Orientierung, lief auf eine unerkannte Wechte und stürzte mit dieser in die Tiefe.
Mit nur 32 Jahren starb Buhl als begabtester Bergsteiger seiner Zeit und als einer der besten Alpinsportler überhaupt. Er ebnete mit seinen Grenzgängen, die stets zwischen Genie und Wahnsinn lagen, den Weg für die Generation um Reinhold Messner und den modernen Alpinismus. So verewigte sich Hermann Buhl mit seinen Leistungen in den Geschichtsbüchern der Extrembergsteiger als Legende.
Buhls größte Leistungen und Erfolge:
- Erste Winterbegehung der Marmolada-Südwestwand
- Erstüberschreitung der Aiguilles Chamonix
- Erstbesteigung der Maukspitzen-Westwand
- 1952: Erste Solo-Begehung der NO-Wand des Piz Badile
- 1953: Solo-Winterbegehung der Ostwand des Watzmanns (nachts)
- 1953: Erstbesteigung des Nanga Parbat (8.125 m)
- 1953: Österreichs Sportler des Jahres
- 1957: Erstbesteigung des Broad Peak (8.051 m)
Jerzy Kukuczka (* 1948; † 1989)
„Du bist nicht der Zweite, Du bist der Größte!“ Diese anerkennende Botschaft ließ Reinhold Messner dem polnischen Bergsteiger Jerzy Kukuczka im Oktober 1987 per Telegramm zukommen. Was hatte es damit auf sich? Der Reihe nach:
Jerzy Kukuczka kam 1948 im polnischen Katowice zur Welt. Er lebte dort in armen Verhältnissen, und den größten Teil seiner Freizeit verbrachte der junge Pole mit Gewichtheben. Erst als sein Arzt ihm empfahl, dieses Hobby aufzugeben, wandte er sich dem Alpinismus zu.
Mit 17 Jahren kletterte Kukuczka erstmals am Fels. Es war Liebe auf den ersten Blick und der Beginn einer großen Karriere. Diese nahm ihren Lauf in den heimischen Beskiden, einem Gebirgszug der Westkarpaten. Dort trainierte Kukuczka unter teils widrigsten Wetterbedingungen und qualifizierte sich so für westalpine und außereuropäische Touren. Ohne die finanzielle Unterstützung von seinem Bergverein wären diese Reisen für den oft klammen Kukuczka jedoch nicht denkbar gewesen.
Und er wusste diese finanzielle Zuwendung zu nutzen: 1973 gelang ihm mit zwei Kletterkollegen eine neue Route an der berühmten Nordwand des Petit Dru. 1974 reiste er nach Nordamerika, wo ihm die Besteigung des gefährlichen Denalis (6.190 m) gelang. Auf seiner Hochzeitsreise (!) 1975 glückte ihm eine neue Durchstiegsroute an der 1.200 m hohen Nordwand der Grand Jorasses.
Hoch hinaus im Himalaya
1977 entdeckte Kukuczka die Riesen des Himalayas für sich, und diese Entdeckung sollte historische Ausmaße annehmen. Obwohl ihm in diesem Jahr die Besteigung des Nanga Parbat verwehrt blieb, folgten in den nächsten Jahren umso mehr Erfolge. Kukuczka bestieg als zweiter Mensch hinter Reinhold Messner alle 14 Achttausender der Erde. Dabei eröffnete er auf seinen 14 Touren neun neue, teils hochschwierige Routen. Fünf Besteigungen führte er im anspruchsvollen Alpinstil durch, und vier Gipfel erklomm er im Winter. Seine Route über die Südwand des K2 gilt als eine der schwierigsten Routen auf einem Achttausender und wurde bis heute nicht wiederholt.
Aufgrund seiner angespannten finanziellen Situation musste er sich oft mit einfachstem Equipment durchschlagen und legte immer wieder ein hohes Maß an Kreativität an den Tag, um die Gipfel zu erreichen. Kukuczka erreichte seinen letzten 8000er-Gipfel ein knappes Jahr nach Reinhold Messner. Dieser zollte dem polnischen Ausnahmekönner mit dem einleitenden Zitat jedoch gebührenden Respekt.
Kukuczka starb 1989 beim Versuch der Erstbesteigung der Lhotse-Südwand durch ein gerissenes Second-Hand-Seil, das er günstig auf einem Markt in Kathmandu erworben hatte.
Sein Einfallsreichtum, seine Leidensfähigkeit und seine unnachahmlichen Erfolge machten ihn zu einem der besten und berühmtesten Bergsteiger aller Zeiten. Hier eine Auflistung seiner größten Erfolge:
- 1973: Neue Route an der Nordwand der Petit Dru
- 1974: Besteigung des Denali (6.190 m)
- 1975: Neue Route an der Nordwand der Grand Jorasses
- 1979-1987: Besteigung aller 14 Achttausender
- 1985-1987: Erste Winterbesteigungen des Dhaulagiri (8.167 m), des Kangchendzönga (8.586 m) und des Annapurna I (8.091 m)
David Lama (* 1990; † 2019)
David Lama wurde 1990 in Innsbruck als Sohn eines nepalesischen Bergführers und einer Innsbruckerin geboren. Schon in jungen Jahren entdeckte Peter Habeler sein außergewöhnliches Klettertalent, und bald galt er als echtes Wunderkind in der Kletterszene. Mit nur acht Jahren nahm Lama an seinem ersten Wettbewerb teil. Ein Jahr später gewann er die inoffizielle Österreichische Klettermeisterschaft in der Kinderklasse. Mit zehn Jahren meisterte er erstmals eine Route des Schwierigkeitsgrades 8a – noch nie zuvor war ein so junger Kletterer auf einem solchen Niveau unterwegs. In den folgenden Jahren steigerte sich Lama kontinuierlich, sowohl in der Halle als auch am Felsen. Hier sind einige seiner beeindruckendsten Erfolge zwischen 2002 und 2009:
- 2002-2005: Sieg in über 30 Jugendwettbewerben, darunter
- 2x Jugendweltmeister
- 2x Jugendeuropacupsieger
- 2004: Erstbegehung der „7pm JP chaud“ im Schwierigkeitsgrad 8c
- 2006: Weltcupsieger im Erwachsenenbereich
- Sieger im Boulder-Weltcup in Hall
- Europameister im Leadklettern
- 2007: Europameister im Bouldern
- 2008: Gesamtweltcupsieger im Lead- und Boulder-Klettern
- 2009: Dritter Platz bei der Weltmeisterschaft im Leadklettern
Vom Hallenkind zum Alpinist
Während Lama viele dieser Erfolge an der Boulderwand feierte, rückten ab 2008 zunehmend alpine Touren in seinen Fokus. Er unternahm zahlreiche Erstbegehungen in den Alpen, in den Anden und in Kirgisistan. Der spektakulärste Erfolg seines Lebens gelang ihm jedoch am Cerro Torre in Patagonien – einem der schönsten Gipfel der Erde. Lama träumte davon, die steilen und eisigen Granitwände des Berges als erster Mensch überhaupt frei, also nur mit Händen und Füßen, zu erklettern. Der Cerro Torre, bekannt für seine extremen Wetterbedingungen, stellt aber selbst mit Hilfsmitteln eine enorme Herausforderung für jeden Klettersportler dar. Lamas Vorhaben war an Komplexität und Wagemut also kaum zu überbieten.
Die erste Kampagne 2009/10 scheiterte noch an einem ungewöhnlich frostigen und verschneiten Sommer. Doch Lama kehrte 2011 und 2012 mit Peter Ortner nach Patagonien zurück. 2011 gelang ihnen der Gipfelerfolg, und 2012 vollendete er die erste freie Begehung der sogenannten Kompressorroute – ein historischer Erfolg, der im Film „Cerro Torre- Nicht den Hauch einer Chance“ verewigt wurde.
Lamas Erfolge nach dem Cerro Torre:
- 2012: Erste Besteigung der Chogolisa (7.668 m) seit fast 30 Jahren
- 2013: Erstbegehung der Route „Bird of Prey“ an der Ostwand des Mooses Tooth – eine der schwersten Erstbegehungen des Jahres
- 2015: Erstdurchsteigung der selbstentdeckten Route „Avaatara“ (9a) in der Baatara Gorge im Libanon
- 2017: Besteigung des Ama Dablam (6.812 m)
- 2018: Erstbesteigung des Lunag Ri (6.907 m) im vierten Versuch
Am 16. April 2019 war Lama mit seinen Freunden Hans-Jörg Auer und Jess Roskelley in Kanada am Howse Peak (3.295 m) unterwegs. Die schwierige Aufstiegsroute M-16 zum Gipfel meisterten sie noch, doch während des Abstiegs löste sich eine Lawine, die die drei Ausnahme-Alpinisten unter sich begrub.
Obwohl Lama nur 29 Jahre alt wurde, gilt er als einer der größten Klettersportler und berühmtesten Bergsteiger aller Zeiten. Sein Talent, sein Wagemut und seine Leistungen machten ihn zu einem einmaligen Kletterer und Alpinisten.
Anderl Heckmair (* 1906; † 2005)
Auch ein deutscher Bergsteiger bekommt seinen Platz in dieser Liste. Und es ist nicht etwa einer der berühmt-berüchtigten Huberbuam oder der bekannte Ralf Dujmovits, sondern Anderl Heckmair, einer der älteren Vertreter seines Faches.
Heckmair wurde 1906 in München geboren und wuchs nach dem Tod seines Vaters in einem Waisenhaus auf. Im Alter von 11 Jahren machte er bei Ferien in Bad Reichenhall erstmals Bekanntschaft mit der Bergwelt. Diese Bekanntschaft sollte eine lebenslange Liebe entfachen. In den folgenden Jahren unternahm er mit Freunden immer mehr Ausflüge in die Berge und verbesserte sein Kletterkönnen dabei stetig. Zu seinen Touren zählten die Nordwand der Großen Zinne und der Walkerpfeiler an den Grand Jorasses.
Projekt Mordwand
Sein größtes Kunststück gelang ihm 1938 an der gefährlichen Eiger Nordwand, die bis dahin als unüberwindbar galt. Heckmair, zu der Zeit einer der besten Alpinisten Europas, wollte den Versuch dennoch wagen. 1937 studierte er mit einem Fernglas mögliche Routen an der Wand. Am 21. Juli 1938 griff er die höchste Nordflanke der Alpen dann zusammen mit seinem Freund und Kletterpartner Ludwig „Wiggerl“ Vörg an. Hier seht ihr die eingeschlagene Route der Seilschaft. Sie waren gut ausgestattet, unter anderem mit hochmodernen, zwölfzackigen Steigeisen, die das Erklimmen von noch steileren Eiswänden erleichterten.
Aus zwei mach vier
Gleichzeitig versuchte auch eine österreichische Seilschaft ihr Glück: Fritz Kasparek und Heinrich Harrer waren jedoch schlechter ausgerüstet und hatten vor allem in den unteren Eisfeldern große Mühen voranzukommen. Als die beiden Seilschaften am 22. Juli aufeinandertrafen, beschlossen sie schnell, sich zusammenzutun. Der erfahrene Heckmair übernahm die Führung. Bis zum Abend erreichten sie die Rampe, zwei Drittel der Wand waren geschafft. Das vor ihnen liegende Drittel war jedoch die eigentliche Herausforderung, da es klettertechnisch völliges Neuland darstellte. Hier sollten sich Heckmairs Wandstudien aus dem Vorjahr bezahlt machen. Bis zum Mittag des 23. Juli erreichten sie die sogenannte Spinne, wo sie von einem Unwetter überrascht wurden. Mehrere Lawinen prasselten auf sie herab, doch wie durch ein Wunder überlebte die Truppe.
Am nächsten Tag setzten sie ihren Aufstieg trotz Schneegestöber und schlechter Sicht fort. Die Ausstiegsrisse kosteten die erschöpfte Seilschaft viel Zeit und Kraft. Gegen Mittag erreichten sie dennoch das Gipfeleisfeld. Am 24. Juli um 15:30 Uhr war die Sensation dann perfekt: Die vier Bergsportler standen auf dem 3.970m hohen Gipfel des Eiger, sie hatten die Nordwand bezwungen. Nach ihrem Abstieg wurden die vier Männer überall auf der Welt als Helden gefeiert, die Nationalsozialisten schlachteten diesen Erfolg für Propagandazwecke aus. Doch nichtsdestotrotz hatten sie Geschichte geschrieben. Die eingeschlagene Route wurde nach Heckmair benannt und gilt heute als Normalroute an der Nordwand.
Das Leben nach der Nordwand
Nach dem Krieg kletterte Heckmair weiter schwierige Routen und verdiente sein Geld als Bergführer in Oberstdorf. Seine Abenteuerlust führte ihn um den ganzen Globus. Zudem veröffentlichte er als Autor mehrere Bücher über seine Erlebnisse. Selbst im hohen Alter leitete Heckmair Führungen und reiste mit seiner Frau Trudl durch Europa. 2005 starb er im Alter von 98 Jahren in Oberstdorf.
Heckmair bezeichnete sich selbst als „Bergvagabund“, doch er war mehr als das. Durch seine Leistungen zeigte er der Bergsportwelt neue Grenzen auf und gilt als Pionier seines Fachs. Mit der legendären Erstdurchsteigung der Eiger Nordwand hat er sich unsterblich gemacht und sich seinen Platz in dieser Liste berühmter Bergsteiger mehr als verdient.
Edmund Hillary (* 1919; † 2008) und Tenzing Norgay (* 1914; † 1986)
Abschließen soll die Reihe mit dem vielleicht berühmtesten Bergsteiger-Duo überhaupt, das am 29. Mai 1953 zusammen erstmals auf dem höchsten Gipfel dieser Erde stand – Edmund Hillary und Tenzing Norgay Sherpa. Der Weg dahin war jedoch lang und steinig.
Der Neuseeländer Hillary, ein gelernter Imker, kletterte schon seit vielen Jahren und hatte bereits zwei Jahre Erfahrung im Himalaya gesammelt, als er 1953 auf Tenzing Norgay traf. Keiner kannte den Everest zu dieser Zeit besser als der Sherpa. Denn für ihn war das bereits die siebte Everest-Expedition. Die meisten Expeditionen begleitete er als Träger. Ein Jahr zuvor war er jedoch erstmals Gipfelaspirant und erreichte eine Höhe von 8.600 Metern. Das Bezwingen des Everest war für Norgay ein Kindheitstraum.
Nach anfänglichem Beschnuppern wurde beiden schnell klar, dass sie eine sich perfekt ergänzende Seilschaft bilden würden. Ein drahtiger, ehrgeiziger und ganz und gar nicht-britischer Neuseeländer mit einem entschlossenen und erfahrenen Sherpa; das passte einfach.
Diese starke Seilschaft sollte ihre Chance auf den Gipfel bekommen.
Eine Chance auf Ewigkeit
Denn Gipfelteam I bestehend aus Charles Evans und Tom Bourdillon musste nach Erreichen des Südgipfels aufgrund von Problemen mit der Sauerstoffversorgung frühzeitig absteigen. Nun sollten Hillary und Norgay ein provisorisches Lager auf 8.500 Meter errichten und von dort aus den zweiten Gipfelangriff starten.
Nach einer turbulenten Nacht im höchsten Zeltplatz der Menschheitsgeschichte stapften die beiden am 29. Mai um 6:30 Uhr bei besten Wetterverhältnissen los. Um 9 Uhr hatten auch sie den Südgipfel bezwungen, und auch sie hatten Probleme mit der Sauerstoffversorgung, doch sie gingen weiter. Nach 2 ½ weiteren Stunden in der Todeszone und dem Überwinden des legendären Hillary Steps standen Tenzing Norgay und Edmund Hillary endlich auf dem höchsten Gipfel der Erde – historisch. Sie fallen sich überglücklich in die Arme, schießen ein paar Fotos und machen sich wieder an den Abstieg.
Ruhm und Rummel nach dem Erfolg
Die Würdigung dieser gemeinsamen Leistung fiel im Anschluss jedoch eher ungleich aus. Hillary wurde zum Ritter der britischen Krone ernannt. Norgay erhielt mit dem Georges Cross „nur“ die zweithöchste Ehrenmedaille des britischen Empires.
In der Heimat Norgays entbrannte derweil ein großer Streit über die Frage, wer denn nun der Allererstbesteiger des Everest war. Hillary und Norgay ließen sich davon nicht entzweien, sie behaupteten hartnäckig, sie hätten den Gipfel gleichzeitig betreten und waren bis an ihr Lebensende befreundet.
Für Hillary ging das Leben nach dem Everest mit weiteren Bergabenteuern und einer Antarktisexpedition ereignisreich weiter. Er setzte mit dem Bau von Schulen und Krankenhäusern auch für eine nachhaltige Entwicklung der armen nepalesischen Bevölkerung ein. In ihrem Nachruf auf Hillary bezeichnete ihn die damalige Ministerpräsidentin 2008 als den „bekanntesten Neuseeländer, der je gelebt hat“.
Auch für Norgay hatte das Schicksal gesorgt – zumindest teilweise. Er wurde nach dem Gipfelerfolg mit der Gründung das Himalayan Mountaineering Institute (HMI) im indischen Darjeeling beauftragt und war lange Leiter der Einrichtung. Sein Weggang nach Indien wurde in der nepalesischen Heimat jedoch nicht nur positiv aufgenommen, und er hatte dort mit Anfeindungen zu kämpfen, die ihm schwer zu schaffen machten. Als Tenzing Norgay 1986 in Darjeeling starb, wohnten seiner Beisetzung dennoch hunderte Menschen bei, zumindest in Indien war sein Ansehen ungebrochen.
Tenzing Norgay Sherpa und Sir Edmund Hillary – zwei berühmte und legendäre Bergsteiger. Was im Mai 1953 mit einer erfolgreichen Zweckgemeinschaft startete, entwickelte sich zu einer lebenslangen Freundschaft.