Was macht man, wenn der Sommer in Deutschland komplett verregnet ist? Richtig, man fährt im Sommerurlaub nach Schottland, denn eine Verschlechterung des Wetters wird so um einiges unwahrscheinlicher. Und so machten sich vor ein paar Wochen drei Bergfreunde auf den Weg Richtung Norden.
Bergfreund Sebastian beschreibt in seinem Tourenbericht, wie es dazu kam, wo sie waren, und was man beachten oder wissen sollte, wenn man vor hat, einen Ausflug nach Schottland zu machen.
Zugegeben, das Reiseziel Schottland haben wir nicht von langer Hand gewählt. Aber als wir die Tourenbeschreibung zur Durchquerung der Insel Knoydart von der Shiel Bridge nach Glenfinnan gelesen haben, wussten wir dass es eine gute Option ist. Und nach knapp zwei Stunden Flug sowie einigen Stunden Busfahrt standen wir dann auch schon am Ausgangspunkt…froh, noch irgendwie an Benzin für den Kocher gekommen zu sein (das wäre aber eine eigene Geschichte). Die Stimmung ist also entsprechend gut, und das bleibt sie auch für die nächsten Tage.
Wir, das sind Isabelle, Benedikt und meine Wenigkeit – alle drei Bergfreunde, die sich im Juli ein paar Tage Auszeit genommen haben. Die sieben Tage, die vor uns liegen, sollen genau das ermöglichen: durch mehrheitlich unbesiedeltes Gebiet geht es mit dem Trekkingrucksack im Zickzack grob in Richtung Süden. Mit dabei sind dafür ein Zelt, Schlafsäcke, Trekkingnahrung, und an den Füßen sind die eingelaufenen und wasserdichten Wanderstiefel unsere treuen Begleiter.
Der Routenverlauf – Schottlands Highlands at their best
Die Beschreibungen im Netz loben die Abgelegenheit und schöne Ausblicke von den Pässen. Mancher spricht davon, dass es noch richtige Wildnis gäbe, die man dort erwandern könnte. Tatsächlich haben wir an den meisten Tagen auf der Strecke schlichtweg niemanden getroffen und waren am Schlafplatz alleine.
Von Shiel Bridge geht es in die Highland-Ausläufer hinauf und vorbei am Loch Choire nach Crogachan zunächst nach Suardalan, wo eine kleine Hütte steht. Am zweiten Tag wird es dann etwas wegloser; dennoch findet man gut nach Kinloch Hourn wo wir vom ansässigen Farmer für die Übernachtung im Zelt und auf seiner Wiese um insgesamt ein Pfund erleichtert werden – 1,30€ fanden wir angesichts der genialen Aussicht auf den Fjord aber einen fairen Preis. Den Fjord wandert man am nächsten Tag dann auch entlang, und die Kamera sollte man eigentlich erst gar nicht wieder wegpacken. Diese Etappe ist ein echtes landschaftliches Highlight.
Das Tagesziel ist eigentlich die abgelegene Häuseransammlung Barisdale. Da es aber noch nicht allzu spät ist, ziehen wir weiter. Wir lernen in den darauf folgenden Stunden: wer den schmalen Pass hoch geht, muss diesen für Wasser und einen Schlafplatz auf der anderen Seite wieder hinunter – auch wenn es stark regnet. Mit 18km Strecke und über 800 Höhenmetern in den Beinen machen wir uns dann in der Apside noch ein Essen aus dem Rucksack. Dass wir einen genialen Spot direkt am „Schwarzen See“ erwischt haben bemerken wir erst beim Frühstück am nächsten Tag.
Inverie – Zwischenziel
Inverie und damit den abgelegensten Pub Großbritanniens lassen wir links, nein rechts liegen und laufen an diesem Tag erneut 1,5 Tagesetappen. Unser Ziel ist eine Hütte an der Bucht von Sourlies, die man bei Ebbe deutlich bequemer hätte erreichen können als bei Flut. Auch wenn man das herrliche Strandpanorama nur ungern verlässt, führt die Tour tags darauf an einem Zwillingssee vorbei ins Glen Dessary, wo man eine Übernachtungshütte findet.
Um den letzten als lang und anstrengend angekündigten Tag zu verkürzen, überlaufen wir dieses Etappenziel jedoch und schlagen das zweite Mal im strömenden Regen eine Stunde später unser Zelt auf. Von dort geht es am nächsten Morgen oft weglos konstant nach oben und vorbei am Gipfel des „Streap“. Auf dem Pass angekommen „rollt“ man dann auf immer breiter werdenden Wegen nach Glenfinnan wo einen die touristische Zivilisation gnadenlos einholt.
Statt nach 7 Tagen sind wir damit zur Mittagszeit des 6. Tourentages am Ziel in Schottland angekommen – ohne ernsthafte Blessuren oder am Ende unserer Kräfte zu sein. Der eingeplante Puffer-Tag war nicht im Ansatz nötig…aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Die gewonnene Zeit nutzten wir dann, um Edinburgh und Glasgow zu besichtigen, wo uns ein Bummlzug auf den Spuren von Harry Potter hinbringt.
Tipps zu Wetter, Mücken und sonstige Unwegsamkeiten
Das schottische Wetter hat ja nicht den besten Ruf, und tatsächlich sollte jeder eine solide Schicht Hardshells von Kopf bis Fuß haben. An drei Tagen haben wir diese wirklich benötigt – dann jeweils aber nur zeitweise. In der Regel sind wir bei tollem Wetter gestartet und haben zwei Mal das Zelt im Regen aufstellen müssen. Kochen in der Apside sollte für Euch also kein Ding der Unmöglichkeit sein.
Noch wichtiger allerdings sind wasserdichte Schuhe. Man läuft quasi ständig durch nasses Gras und sinkt regelmäßig auch mal tiefer in Morast, Schlamm und moorigen Untergrund ein. Während Isabell und ich mit normalen Trekkingstiefeln mit Gore-Tex Futter unterwegs waren, zeigte uns Benedikt, dass die hohen Lundhags Modelle ihren (nicht ganz minimalen) Preis wert sind. So manches Mal waren wir schon neidisch, dass unser Schuheinkäufer sich einfach mal keine Gedanken machen musste, wenn er bis zu den Waden irgendwo eingesunken war.
Die größten Störenfriede unserer Touren waren aber die Midges – kleine Fliegen, die nach menschlichen Blut dürsten. Solange kein Wind geht, fallen sie über stehende Wanderer in großen Schwärmen gnadenlos her und hinterlassen Gesichter, die aussehen wie das vom Sams: rote Punkte überall. In der Nacht klingen die tausend Mücken, die hungrig gegen die Zeltwand fliegen, teilweise wie Regen. Das einzige, was hilft sind Moskitonetze mit sehr engen Maschen und schlichtweg starke Insektenschutzmittel auf allen freien Stellen. Also sagt nicht, wir hätten Euch nicht gewarnt. Und ein Tipp obendrein: die Netze des Hilleberg-Zeltes waren eng genug und trugen so deutlich zur entspannten Nachtruhe bei.
Ganz subjektiv: ein überaus positives Fazit zu Schottland
Wer auf der Suche nach einer schönen, meist abgelegenen Tour ist, wird auf Knoydart fündig. Die verschiedenen Etappen sind sehr abwechslungsreich – vor allem durch den Wechsel von schottischen Highlands und Fjorden. Am Rande der Wege findet man viele schöne Aussichten und mit etwas Glück sieht man ein- bis zweimal am Tag wilde Tiere – alle ungefährlicher Natur.
Auf dem Weg finden man immer wieder eine Boothy – einfache Hütten in denen man als Selbstversorger übernachten darf. Leider sind diese unterschiedlich sauber, grundsätzlich anständig verrust und haben als Stammgäste Mäuse, die gerne Schokolade (das haben wir selbst erlebt) und Schuhsohlen (wurde uns erzählt) fressen. Während wir in den Boothys teilweise abends Schutz vor den Midges suchten, haben wir für den Schlaf immer das Zelt vorgezogen. Auch wenn man teilweise nach einem ebenen Plätzchen suchen muss, sind die Spots in der Regel genial um Sonnenuntergänge und das Frühstück zu genießen.
Schön auch: jeden Tag wird der Rucksack leichter, da die vollständig mitzutragende Verpflegung weniger wird. Angenehm ist obendrein, dass man sich um die Wasserversorgung keine Sorgen machen muss. In der Regel kommt man innerhalb einer Stunde mehrmals an kleineren und größeren Bachläufen vorbei. Teilweise ist dieses kristallklar – teilweise lässt der darin gelöste Torf aber den Alutopf wie den guten Kupferkessel von Oma aussehen. Genießbar war es immer – einmal waren wir jedoch froh, dass wir nicht an Brennstoff sparen mussten, und es anständig abkochen konnten….irgendwie sieht man meist mehr Hinterlassenschaften von Schafen als die Tiere selbst.
In diesem Sinne: mit einer guten Grundfitness und etwas Erfahrung ist diese nicht simple, aber auch nicht unmachbare Tour wirklich empfehlenswert. Wer weitere Details braucht darf sich gerne melden.