Expeditionsbericht – Rolwaling Himalaya

Nach rund halbjährlicher Planungs- und Organisationszeit starteten wir am 30.9.23 unsere Bergreise nach Nepal. Besonders in die Auswahl der möglichen Ziele und in die Sponsorensuche hatten wir viel Zeit investiert. Dagegen war unsere Diskussion über Besteigungsformen gleich beendet. Wir wollten die mögliche Infrastruktur bis in ein Basislager von unbekannteren Bergen nutzen, abseits vom Mainstream unterwegs sein und Besteigungen minimalistisch und aus eigener Kraft, sprich im Alpinstil, durchführen. Diese Einstellung hat uns auch zusammengebracht. Wir, dass sind vier Bergsteiger aus Tirol und der Steiermark mit einer interessanten Altersstruktur, aus der auch der Teamname kommt. Mike ist mit 29 der jüngste, gefolgt von Sevi (29) und Marc (33), Paul ist mit 64 der Senior mit der meisten Höhenerfahrung.

Inhaltsverzeichnis

Das Expeditionsteam
Das Ageless-Team

Nach rund halbjährlicher Planungs- und Organisationszeit starteten wir am 30.9.23 unsere Bergreise nach Nepal. Besonders in die Auswahl der möglichen Ziele und in die Sponsorensuche hatten wir viel Zeit investiert. Dagegen war unsere Diskussion über Besteigungsformen gleich beendet. Wir wollten die mögliche Infrastruktur bis in ein Basislager von unbekannteren Bergen nutzen, abseits vom Mainstream unterwegs sein und Besteigungen minimalistisch und aus eigener Kraft, sprich im Alpinstil, durchführen. Diese Einstellung hat uns auch zusammengebracht. Wir, dass sind vier Bergsteiger aus Tirol und der Steiermark mit einer interessanten Altersstruktur, aus der auch der Teamname kommt. Mike ist mit 29 der jüngste, gefolgt von Sevi (29) und Marc (33), Paul ist mit 64 der Senior mit der meisten Höhenerfahrung.

Jeder von uns hat Aufgaben übernommen und diese in Abstimmung mit dem Team erledigt. Sevi und Mike haben Sponsoren akquiriert. Hier gilt unser besonderer Dank der Firma Bergfreunde, der Firma 4a und MetGis die uns monetär, mit Materialsponsoring und mit exakten Wetterberichten sehr geholfen haben. Marc hat sich um die Flüge gekümmert und Paul hat mit einer ihm bekannten Agentur (aus Kathmandu) die Reise vor Ort geplant. Zwei Gipfel wollten wir versuchen. Den Chekigo 6.257m und den Chukyima Go 6.258m auf der anderen Talseite als zweite Option. Für beide Gipfel benötigten wir spezielle Permits mit unterschiedlichen Anforderungen.

Der Start unseres Abenteuers im Himalaya

Ankunft des Teams am Flughafen
Ankunft am Flughafen

Letztendlich war alles bereit und wir landeten am 1.10.2023 in Kathmandu. Nach einem weiteren Tag vor Ort und dem Expetitionsbriefing im Department of Tourism, hatten wir alles für das Abenteuer zusammen und fuhren mit einem Jeep zum Ausgangspunkt unseres Anmarschtrekkings. Aber leider überhitzte der Kühler des Gefährts auf halber Strecke. „Das fängt ja gut an“ dachten wir. Doch unser Fahrer organisierte vor Ort ein anderes Gefährt und so erreichten wir bei Starkregen und stockdunkler Nacht, mit 4 Stunden Verspätung, den Ausgangspunkt Chetchet (1.400m). Geplant hätten wir noch eine 2,5 Stunden Teilstrecke an diesem Tag. Das war nicht möglich und so starteten wir erst am nächsten Morgen mit dem Aufstieg.

Erster Anblick des Chekigo

Durch subtropischen Wald erreichten wir bald über unzählige Stufen das Dorf Simigaun und gingen gleich weiter bis Dongang (2.800m). Damit hatten wir den gestrigen Verlust wieder aufgeholt und waren wieder im Zeitplan. Etwas unangenehm war der starke Regen und die Blutegel, die wir abbekommen haben. Aber sonst war die Stimmung gut und wir trockneten unsere nassen Sachen an einem mit Yakdung beheizten Ofen. Den Geruch unserer „geräucherten“ Shirts begleitete uns noch fast die ganze Reise. Tags darauf erreichten wir Beding (3.720m). Beim ersten Anblick des Chekigo sind wir über die Mächtigkeit des Berges und die Steilheit des Zustiegs doch etwas erschrocken. Verstärkt wurde der Eindruck durch die düstere Stimmung der ziehenden Wolken und den frisch gefallenen Schnee.

Kleine Planänderung – neuer Gipfel

Tags darauf, bei Sonnenschein und klarer Sicht, schaute das alles etwas machbarer aus. Der nächste geplante Schritt wäre es gewesen am Chekigo auf rund 4.800m ein Basislager einzurichten. Da wir aber noch fast keine Höhenanpassung hatten, entschieden wir zuerst den Chukyima Go, weiter hinten im Tal, zu probieren. Diese Taktik ermöglichte uns einen weiteren Akklimatisierungsschritt. Wir wanderten also weiter ins tibetisch aussehende Dorf Na (4.150m). Anstatt mit Namaste wurden wir dort mit „Tashi Delek“ (tibetischer Gruß) empfangen.

Weg zum Chukyima Go

Team im Zelt
Das Team im Zelt

Am nächsten Tag erreichten wir unser Basislager für den Chukyima Go. Dieses BC (5.000m) wird auch für die Besteigung des Yalung Ri, eines leichteren Gipfels mit 5.630 m, verwendet. Eigentlich waren wir viel zu schnell in diese Höhe aufgestiegen, doch es ging uns soweit gut und wir kontrollierten laufend unsere Vitalwerte. Unser Berg steht gegenüber des BC. Der Zugang zum Wandfuß ist von einer Randmoräne und einem vorgelagerten kleineren Gipfel teilweise verdeckt. Wir benötigten daher zwei lange Tage um den besten Zugang zum Wandfuß zu finden, zu markieren und Material ins Hochlager zu bringen. Dabei entdeckten wir, dass die Karten des Gebietes nicht immer mit der Realität übereinstimmten. Auch hier hat die Gletscherschmelze viel Eis gekostet und Felsriegel freigelegt, die früher über etwas Eis leicht überklettert werden konnten. Wir mussten eine brüchige, eher riskante Felsalternative nützen, um einen Sattel zu erreichen.

Erreichen des Hochlagers

Nach einem Ruhetag wollten wir zum Hochlager aufsteigen, im Zelt übernachten und dann am 14.10. Richtung Gipfel aufbrechen. Leider konnte Severin diesem Plan nicht folgen. Während sich bei den anderen die Höhenanpassung optimierte, stagnierte Severin auf den gleichen Vitalwerten wie beim Erreichen des Basislagers. Er stieg also nach Na ab, um seine Höhenanpassung zu verbessern. Mike, Marc und Paul erreichten Abends (13.10.) das Hochlager und versuchten etwas auszuruhen. Die Enge der Zelte und der andauernde Wind beeinträchtigten unseren Schlaf. Zusätzlich war es ziemlich kalt geworden. An Kochen im Zelt war nicht zu denken, also musste diese zeitaufwendige Arbeit außerhalb gemacht werden.

Auf zum Gipfel

Auf dem Weg auf den Chukyima Go
Auf zum Gipfel!

Gegen 3 Uhr morgens starteten dann wir zum Gipfel. Die erste Schnee- bzw. Eiswand war in etwa 70° steil, sehr anstrengend und sehr kalt. Tiefer Schnee wechselte mit Eispassagen ab. Beim Morgengrauen stehen wir nach 5 Seillängen am Grat. Hier beginnt der erste Felsteil, den wir recht schnell durchsteigen konnten. Eis und Fels wechselten sich laufend ab, die Schwierigkeiten wurden von uns mit M4, AI3 bewertet. Dazwischen überkletterten wir auch stark ausgesetzte Schneegrate. Links und rechts nur Absturzgelände, also kein Platz für Fehler, zudem war der Fels meist brüchig und wenig zuverlässig. Zum Gipfel hin waren noch einige sehr steile Seillängen im Hartschnee zu überklettern.

Auf dem Chukyima Go

Genau zu Mittag standen wir auf dem Gipfel des Chukyima Go. Die 1. Wiederholung des SW-Grates und die 5. Besteigung dieses Gipfels war gelungen. Müde aber zufrieden verweilten wir ein halbe Stunde, genossen das unglaubliche Gipfelpanorama und begannen dann den Abstieg. Konzentriert gingen wir ans Werk, stiegen ab, seilten ab und kletterten die leichteren Stellen seilfrei zurück, den ganzen rund 1,5 km langen Grat. Auf der Südseite wurde der Schnee bereits pappig und griesig. Auf der Nordseite blieb der Pulver. Bei einem Übergang vom Fels in den südseitigen Schnee brach einem ein Tritt aus, er kippte weg und rutschte Richtung Abgrund, konnte sich aber zum Glück noch halten. Ab sofort waren wir doppelt aufmerksam, prüften alles noch ein zweites Mal und erreichten so sicher die letzte Schnee-, Eiswand. Leider waren unsere Schneeanker für diesen Schnee nicht geeignet. Also kletterten wir auch diese letzte Eiswand seilfrei ab.

Abstieg über den Gletscher

Auf dem Gipfel
Auf dem Gipfel!

Um 19:00 waren wir bei den Zelten. Es war stürmisch, stockdunkel. Uns graute vor einer weiteren Nacht am Gletscher, daher stiegen wir noch 500 Höhenmeter über den spaltenreichen Gletscher ab, um auf der Randmoräne zu schlafen. Mike hatte zum Glück den Weg bereits einmal mit seiner GPS-Uhr aufgezeichnet und wir konnten trotz des aufkommenden Sturms dem Track folgen. Nach 21 Stunden Nonstop erreichten wir mit der Randmoräne unser Nachtlager.

Auch der nächste Tag war ziemlich aktiv. Wir demontierten unser Lager und stiegen ins BC ab. Severin war in der Zwischenzeit wieder im BC und hatte bereits den Yalung Ri (5.630m) bestiegen. Es ging im gut, gottseidank. Nach dem gemeinsamen Essen wurde alles gepackt und wir verließen unser Basislager, um heute noch Na zu erreichen. Irgendwie war unser Zeitplan recht eng. Um noch eine Chance auf den zweiten Gipfel, den Chekigo zu haben, mussten wir einen Tag später in Beding (16.10.) sein. Das waren wir dann auch.

Neuer Gipfel-Versuch im Himalaya: Chekigo

Der Rest des Tages war mit Materialvorbereitung für den Versuch am Chekigo, gut Essen und ausruhen ausgefüllt. Am nächsten Tag sollte es losgehen. Doch es regnete bzw. schneite stark und wir verschoben den Start um einen Tag. Der steile Weg war bei Nässe auch ein Risiko für die Träger, welches wir keinesfalls einzugehen bereit waren. Zeit um SMS nach Hause zu schicken. Wir waren die ganze Zeit via Garmin InReach mit daheim verbunden. Vormittags bekam Paul dann eine schlechte Nachricht aus der Heimat. Zwei Freunde von ihm sind unabhängig voneinander verstorben. Er wollte nach Kathmandu um dort in einer Monastry eine kleine Abschiedszeremonie für seine Freunde abzuhalten. „Vorher habe ich keine Ruhe und Motivation, um so einen Berg zu besteigen, ohne starke Motivation ist es zu gefährlich“ sagt er. Am nächsten Tag reist er ab.

Marc, Mike und Severin starten zeitgleich zum BC für den Chekigo. Auch die Träger und der Koch mühen sich die steilen Hänge hinauf. Der Weg war Tage zuvor an unserem Rasttag in Beding ausgekundschaftet worden. Seit Jahren hat ihn vermutlich niemand mehr verwendet. Nach Stunden erreichen alle den Platz für das geplante BC. Es schneite und alle saßen im Kochzelt zusammen. Der Schneefall ging vorüber, die Schlafzelte wurden aufgebaut und alle erlebten eine tolle Abendstimmung.

Auf Expedition mit einem Bergfreunde Zelt
Zwischenlager in luftiger Höhe

Der Weg zum Malung La

Am nächsten Tag stiegen die drei auf, um das Highcamp (5.200m) einzurichten und den Weg zum Malung La, den Sattel auszukundschaften. Der Gletscher ist spaltig, aber wir fanden einen angenehmen Weg hindurch. Ein Seil wurde am Sattel deponiert und der Aufstieg für den nächsten Tag besprochen. Ungefähr zur gleichen Zeit erreichte Paul Kathmandu.

Planänderung und Umkehr

Tags darauf erhielt Paul gegen 6 Uhr früh eine SMS von Mike (via InReach): „Einem geht’s nicht gut wir steigen ab“. Über die Agentur alarmierte Paul die Mannschaft im Basislager. Was war passiert? Bereits während der Nacht merkte Severin, dass er schwer atmete und es ihm nicht wirklich gut ging. Sie starteten, doch nach 100 Hm merkte Severin, dass es nichts brachte weiter zu gehen. Mike hatte vom Chukyima Go noch eine stark geschwollene Hand und so drehten sie um. Marc fühlte sich gut und ging noch zum Malung La um das deponierte Seil zu holen.

Bei Sonnenaufgang warf er einen sehnsüchtigen Blick nach Tibet und auf die geplante Nordkante des Chekigo. Alleine weiterzugehen barg jedoch ein zu hohes Risiko und so drehte auch er um. Alle stiegen ab und erreichten noch am gleichen Tag Beding. Nach dem langen Abstieg von Beding nach Chetchet, in etwa 23 km und 2.500 Hm, am nächsten Tag, einer 10 Stunden Autofahrt über wilde Straßen und mit weit weniger Radmuttern als vom TÜV empfohlen, waren am 22.10. abends wieder alle in Kathmandu.

Abseilen vom Berg
Grandiose Ausblicke auf den Dächern des Himalaya

Letzte Tage und Abschied aus dem Himalaya

Das Team war wieder vereint und genoss noch die letzten Tage in Nepals Hauptstadt. Für uns war es ein tolles Erlebnis diese unbekannten Berge zu versuchen. Wir waren auf der Suche nach einsamen Gipfeln, ursprünglicher Landschaft und herausfordernden Abenteuern; genau das haben wir gefunden. Das Agelessteam hat sich sehr gut bewährt. Entscheidungen wurden diskutiert und gemeinsam getroffen. Der Teamspirit war einfach genial. Ein wilder Gipfel wurde bestiegen, ein zweiter blieb offen. Wir hatten auch Glück und kehren gesund und zufrieden heim. Berg Heil.

Agelessteam: Michael Kohlhuber Aflenz, Steiermark Severin Parger Vomperbach, Tirol Marc Offner Birgitz, Tirol, gebürtiger Steirer Paul Gürtler Stans, Tirol.

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Bergfreund Gastautor

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