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Urs Odermatt im Interview: meine Eiskletter – Frühjahrsfavoriten

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Eiskletterprofi Urs Odermatt - der sympatische Schweizer zu Gast im Basislager
Urs Odermatt – der  Eiskletterprofi zu Gast im Basislager

Noch mit der Planung des Frühjahr-Eisklettertrips beschäftigt? Allen Bergfreunden, die sich dabei noch nicht über das perfekte Ziel im Klaren sind,  kann jetzt geholfen werden. Exklusiv für den Basislager-Blog hat sich Eiskletterprofi Urs Odermatt bereit erklärt, uns seine Frühjahrsfavoriten zu verraten.

Für diejenigen, die den Schweizer Kletterer und Kletterführerautoren noch nicht kennen sollten, haben wir ein kurzes Interview arrangiert.

Urs, vielen Dank, dass Du dir Zeit für uns genommen hast. Unsere Leser wollen sicher mehr zu Dir erfahren – erzähl uns doch mal etwas zu deiner Person…

Dazu vielleicht als erstes mal die Richtigstellung, dass ich, falls ich jemals wirklich Profi war, in der Zwischenzeit ein geldgeiler Fettsack geworden bin der sich am Wochenende an dubiosen Partys rum treibt und nur während der Woche, bei optimalen Eisverhältnissen das Büro verlässt um irgendwo eine fette Rosine zu picken.

Wo in der schönen Schweiz wurdest du geboren?

In Uster, fast 1 Stunde vom nächsten nennenswerten Klettergebiet entfernt, aber dafür 15 Minuten vom Flughafen. Und da ich ja in letzter Zeit mehr Klettertage auf Kalymnos verbringe (wegen der Zapfen) als in meinem Heimgebiet, passt das so.

Auf welchen Berg führte deine erste Tour?

Du meinst auf welchen hat mich mein Vater als erstes hoch getragen? Keine Ahnung. Aber an meine erste Klettertour kann ich mich noch erinnern als obs gestern war. Der Raimeuxgrat im Jura, als ich 6 Jahre alt war. Aber heute klettern die 6-Jährigen ja schon 8a….

Deine eidgenössische Leibspeise? Rösti oder Fondue?

Sushi, aber wenn’s nicht anders geht esse ich beides ganz gerne. So alle 2 Jahre mal.

Die Klischeefrage schlechthin – dein Lieblingskäse?

Kann es sein dass ihr ein etwas einseitiges Bild habt von der Schweiz? Bei uns gibt’s nicht nur Käse, wir machen auch tolle Uhren, Schokolade (dabei mag ich am liebsten die Kindermilchschokolade aus Deutschland) und außerdem verwalten wir noch Schwarzgeld und Raubgold aus der ganzen Welt.

Deine absolute Lieblingsroute?

Krasse Frage. Im Eis dürfte es „Nothing comparses to you“ sein auf den Lofoten. Im Fels wohl irgendwas in den Dolomiten. Die Colatoio Nero in der Moiazza vielleicht. Grundsätzlich klettere ich eine Route immer nur einmal. Darum ist die Lieblingsroute vielleicht auch ganz einfach mein schönstes Erlebnis? Oder immer die, in der ich gerade unterwegs bin?

Urs Odermatt in „Slave to the Rhytm“ III 6+M Foto:Christoph Schaub
Urs Odermatt in „Slave to the Rhytm“ III 6+M Foto:Christoph Schaub

Spektakulär sind die Aufnahmen von Dir in einer kollabierenden Eissäule, ein Unfall bei dem dir glücklicherweise nichts passiert ist. Hat das Ereignis deine Einstellung zum Sport verändert – gehst Du noch dieselben Risiken ein wie vorher?

Ich glaube dass ich schon immer ein sehr vorsichtiger, schon fast ängstlicher Kletterer war. Vor und nach dem Unfall. An dem Tag hatte ich einfach die Situation falsch eingeschätzt. Natürlich stehe ich seit dem größeren Säulen eher kritisch gegenüber. Diesen Winter hatten wir zum Beispiel auf die Abschlusssäule der „Metro“ (Breitwangflue, Berner Oberland) verzichtet weil sie mir zu nass erschien. Ich denke schon fast täglich daran dass alles was ich erlebe ein Zusatzgeschenk ist.

Wenn unter der sommerlichen Sonne die letzten Eisfälle geschmolzen sind – wie sieht dein Sommerprogramm aus? Reist du dem Eis hinterher, oder bist du auch am Fels unterwegs?

Da ich die Eissaison meist recht früh im Dezember oder November beginne schließe ich normalerweise Ende Februar ab. Wenn es wieder Frühling wird draußen bin ich schon sehr gerne im Fels. Allerdings zunehmend im alpinen Gelände. Bohrhakenklinkereien machen zwar auch Spaß, faszinieren mich aber je länger je weniger.

Als Autor von „Hot Ice, Cold Rock“ kennst dich wie kaum ein Zweiter in den schönsten Eisklettergebieten der Alpen aus.  Hast du für unsere Leser ein paar spezielle Highlights, die man als Eiskletterer einfach einmal besuchen muss und die sich besonders für das Klettern im Frühjahr eignen?

Urs Odermatt in „Gabarrou-Marquis“ III 4 Foto: Robert Bösch

Gebietstipps sind nur dann gut, wenn auch die Locals dahinter stehen. Für Deutschland und Österreich kann ich euch nicht viel sagen. Eine Ausnahme ist Chamonix, dort bin ich fast  zu Hause, darum gebe ich dir Tipps für die Schweiz und Frankreich.

Schweiz: Nicht gerade wahnsinnig originell, aber ein sicherer Wert für alle die von weit her anreisen. Im Safiental gibt es in aller Regel bis Anfangs April stabile Eisfälle. So wie sie im Moment aussehen dürften die noch weit in den Frühling hinein gut sein. Natürlich muss die Lawinengefahr entsprechend beurteilt werden, frühes Aufstehen wird wohl zwingend sein. Aber ich verspreche euch, jeder Anfänger und Genusskletterer der gerne in Mehrseillängenrouten unterwegs ist wird da glücklich.

Ein besonders edler Geheimtipp im Safiental: Coer Ecossaies" M3+ Foto: M. Désor
Ein besonders edler Geheimtipp im Safiental: Coer Ecossaies” M3+ Foto: M. Désor

Mit den schwierigen Eisfällen ist es so eine Sache. Je fragiler und steiler desto weniger lang halten sie, das liegt nun mal in der Natur der Sache. Ich denke dass die Metro zumindest im Schacht noch bis Ende März brauchbare Verhältnisse aufweist, allerdings stehen sich die Kletterer momentan auf den Füßen rum was ich für wahnsinnig gefährlich halte. Darum schlage ich ein Gebiet vor dass noch absolut unbekannt ist. Die Eisfälle im Puschlav, unterhalb des Piz Palü. Hier gibt es einige Routen im Bereich Wi5 auf fast 3000m Höhe. Absolut alpin, steil, aber sicheres Eis. Eine genauere Beschreibung dazu gibts im neuen Eiskletterführer Hot Ice Ost.

Und falls im Engadin die Eisfälle gar nicht mehr gehen empfehle ich das Cambrenacouloir dass man durchaus mit dem Gabarroucouloir am Mont Blanc du Tacul vergleichen kann. Schief gehen kann da kaum etwas, denn auf dem heimweg kommt man am Kaffee Puntschellas in Pontresina vorbei. Ebenfalls ein sicherer Wert.

In Frankreich drängt sich im Frühling ein Tripp nach Chamonix geradezu auf. Allerdings rate ich dringend von den bekannten Eisrouten ab. Wie man ruhigen Mutes hinter einer oder mehreren Seilschaften in einen solchen Eisschlauch einsteigen kann ist mir schleierhaft.  Fairerweise muss man natürlich auch sagen, dass diese Routen wirklich toll sind und es gar nicht mal so viele Alternativen gibt.

Urs Odermatt in „Gabarrou-Marquis“ III 4 Foto: Robert Bösch
Urs Odermatt in „Gabarrou-Marquis“ III 4 Foto: Robert Bösch

Eine Riesenspass-Kletterei ohne allzu extrem zu sein ist die Gabarrou-Marquis am Triangle di Tacul. Bis in den Sommer hinein gute Verhältnisse, brauchbare Absicherung mit einem Bohrhaken an der Crux und fast nie Leute. Ich würde sagen ein echter Geheimtipp.

Bei den extremen Routen wird es etwas schwieriger. Kaum Leute, ein bequemer Zustieg, meist gute Verhältnisse und gute Absicherung findet man in der Slave to the Rhytm, ebenfalls am Mont Blanc du Tacul, ebenfalls fast nie begangen. Beides sind keine klassischen Eisschläuche, darum früh im Jahr und bis spät in den Sommer hinein machbar, außerdem auch problemlos bei Schlechtwetter zu gehen.

Wenn die Eisklettersaison in den Alpen vorbei ist, welche außeralpine Destination kannst du uns ans Herz legen?

Ich glaube die Eiswände der Cordillera Blanca sollte man auf jeden Fall mal erlebt haben.

Urs, vielen Dank für das spannende Interview und deine hilfreichen Tipps!

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Bergfreund Philip

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