Naturlager und Biwakplatz – und wo diese zu finden sind

Inhaltsverzeichnis

Eine Nacht im Freien in einem Naturlager ist ein unmittelbares und elementares Erlebnis. Solche Einfachheit ist heute so weit weg von der normalen Erlebniswelt, dass die Freinacht in der Natur wie ein Ausflug in eine Parallelwelt wirken kann. Ein inspirierender und bereichernder Ausflug, wohlgemerkt. Nicht umsonst sind viele Draußenschläfer regelrecht begeistert und wollen das Erlebnis regelmäßig wiederholen. Grund genug, hier ein paar Facetten des Themas rund um Naturlager näher auszuleuchten. Denn davon gibt es überraschend viele, obwohl die Sache an sich ja kaum einfacher sein könnte.

Ein Grund für die erstaunliche Komplexität des Themas „Draußen Übernachten“ ist die beachtliche Besiedlungs- und Gesetzesdichte unserer Breiten. Auch die bunte deutsche Begriffsvielfalt, in der vieles synonym und durcheinander benutzt werden kann, trägt ihr Scherflein dazu bei. Klären wir also zuerst die Begriffe.

Biwakieren, Zelten oder Naturlager?

Biwakieren

Das Biwak stammt vom alten deutschen Begriff Beiwache ab. Es bezeichnet laut Wikipediaein Lager im Freien, aber auch in Zelten oder Hütten, vor allem für Soldaten oder Bergsteiger.

Ursprünglich gab es in befestigten Städten und Festungen neben der innerhalb der Mauern befindlichen Hauptwache eine auf dem freien Feld außerhalb stationierte Beiwache. Die Beiwache musste mangels Gebäuden in Zelten kampieren.

Rote Biwakschachtel in den Dolomiten
Eine Biwakschachtel in den Dolomiten.

Heute tun Alpinisten, Trekker, Weitwanderer und Bergfreunde aller Art das freiwillig. Unter dem Biwak im engeren Sinne wird nur die (geplante oder ungeplante) Übernachtung im Freien, ohne Schutz durch ein Zelt oder eine Hütte verstanden. Allerdings gibt es in den Alpen auch viele „Biwakschachteln“, in denen überdacht und geschützt übernachtet werden kann. Ob das dann „biwakieren“ oder „übernachten in unbewirtschafteter Minihütte“ ist? Ich muss gestehen, ich weiß es nicht …

Das genaue Festnageln des Begriffs ist aber auch nicht so wahnsinnig wichtig, weil er außerhalb der „Alpinistenszene“ ohnehin kaum verwendet wird. Alpinisten meinen mit dem „Biwak“ in der Regel nur die Stelle im Gelände oder in der Wand, an der übernachtet wird.

Zelten

Wildcampen oder sogenanntes Boofen in der Natur
Ein außergewöhnliches Wildcamping Erlebnis: Boofen

Eine Freifläche ohne jede Infrastruktur kann man aber wiederum auch als Zeltplatz bezeichnen, sofern sie genügend Fläche hat. Normalerweise ist mit „Zeltplatz“ ein fester Ort mit mehreren Zelten assoziiert. Ob groß oder klein, mit oder ohne Infrastruktur – man kann die Örtlichkeit als Zeltplatz, Lagerplatz oder Übernachtungsstelle bezeichnen. Das „Zelt“ und das „zelten“ kann man auch durch „Camp“ und „campen“ ersetzen – diese Begriffe werden normalerweise synonym verwendet.

Naturlager

Ein weiterer dieser „Grauzonenbegriffe“ ist das Naturlager. Auch damit kann eine Draußen-Übernachtung sowohl mit Zelt als auch ohne Zelt gemeint sein. Allerdings hat dieser Begriff auch eine „offizielle“, festgelegte Bedeutung, denn er wird für einige ausgewiesene Übernachtungsplätze verwendet, die über eine minimale Infrastruktur verfügen.

Unterschied: „legales Wildcampen“ vs. Wildcampen

Wie man das Draußen-Übernachten „richtig“ bezeichnet, hängt also davon ab, ob man ein Zelt verwendet oder nicht, und ob Infrastruktur vorhanden ist oder nicht. Noch ein bisschen komplizierter wird die Sache, wenn man sie nach ihrem gesetzlichen Status differenziert. Denn dafür spielt es eine Rolle, ob man beispielsweise gerade nur „lagert“ oder zeltet. Das Zelten ist in Deutschland im Wald und in der freien Landschaft untersagt, nicht jedoch das „Lagern“ über Nacht. Jedenfalls nicht unbedingt, denn das hängt wiederum von weiteren Faktoren wie dem jeweiligen Bundesland und – falls es zu einer entsprechenden Begegnung kommt – dem Ermessen des zuständigen Försters ab. Mehr zur nicht ganz unkomplizierten Lage in Deutschland hat Bergfreundin Anni hier im Basislager zusammengetragen.

Besondere Vorsicht ist geboten bei Ausflügen nach Österreich, insbesondere Tirol. Dort ist die Regelung je nach Bundesland äußerst restriktiv. Sogar ein reines Freibiwak oberhalb der Baumgrenze, also im „alpinen Ödland“, kann zu hohen Bußgeldern führen. Deutlich freizügiger geht es in der Schweiz zu, wo oberhalb der Baumgrenze das Biwakieren normalerweise gestattet ist.

In Deutschland gibt es ausgewiesene Plätze, auf denen Wildcamping mit und ohne Zelt explizit erlaubt ist. Noch ist deren Zahl recht überschaubar, doch nach und nach kommen weitere hinzu. Diese „Wildcampingplätze“ werden auch Trekkingplätze, Biwakplätze oder, wie eben schon erwähnt, Naturlager genannt. Also wieder eine bunte Begriffsvielfalt. Sie werden jedenfalls von Tourismusverbänden oder ähnlichen Institutionen unterhalten und sind meist reservierungspflichtig, um Überlastungen der Natur zu vermeiden. Es gibt Ausnahmen, doch dort besteht das Risiko, dass bei Ankunft schon alles belegt ist. Meistens wird auch ein Obolus von fünf bis zehn Euro pro Zelt fällig.

Kurze Aufenthalte

Die erlaubte Aufenthaltszeit liegt bei nur ein bis zwei Nächten. Die Minimalausstattung besteht aus einer ebenen Fläche zum Zelt aufstellen. Das sind in manchen Fällen Plattformen aus Holz, die den Waldboden schonen. Manchmal ist auch ein Plumpsklo dabei oder eine feste Feuerstelle. Es kann Sitzgelegenheiten geben oder ein Fass mit Brauchwasser. Fließend Wasser ist in der Regel ebenso wenig vorhanden, wie ein Mülleimer. Deshalb gelten hier die in der Natur üblichen Verhaltensregeln.

Überquerung eines Flusses mit einem Boot.
Auch für Wasserwanderer gibt es extra Biwakplätze.

Die bloggenden Outdoorfreunde von ausgebuext.info haben eine ausführliche Liste mit Trekkinglätzen in Deutschland zusammengestellt. Dort steht auch, wo man vorab reservieren muss und ob Kosten anfallen. Sie weisen zudem auf Biwakplätze für Wasserwanderer hin, die teilweise auch für Wanderer zugänglich sind und sich vor allem in den ostdeutschen Seenlandschaften befinden. Auch der Blog Mehr-Berge hat eine schöne Übersicht zusammengestellt. Ich fasse im Folgenden einige Infos dieser beiden Seiten zusammen:

Deutsche Mittelgebirge

Bei der Suche nach legalen Wildcamp-Plätzen wird man im Nationalpark Sächsische Schweiz besonders oft fündig. Hier ist das Übernachten in etwa 60 gekennzeichneten Boofen (oft Höhleneingängen) gratis gestattet – allerdings nur ohne Zelt und auch wirklich nur dort. Nähere Infos gibt es hier.

Im nordrhein westfälischen Naturpark Hohes Venn – Eifel gibt es vier Plätze für Naturlager, die allesamt mit einer Komposttoilette und einer Plattform für bis zu zwei Zelte ausgestattet sind. „Alle Standorte sind nur zu Fuß über Wanderwege erreichbar, man ist auf sich selbst gestellt, und auch die Verpflegung muss selbst mitgebracht werden. Die Kosten liegen bei 10€ je Zelt und Nacht.“ Nähere Infos und Reservierungsmöglichkeit gibt es hier.

Pfälzer Wald

Im Pfälzer Wald gibt es ebenfalls eingerichtete Naturlagerplätze, die von April bis Oktober genutzt werden können. Alle Plätze liegen etwas abseits der Ortschaften und der gängigen Wanderwege in Gebieten, die für den Natur- und Wasserschutz unbedenklich sind. Nähere Infos findest du auf dieser Seite.

Bayern

In Bayern liegt der Fokus der Naturlagerplätze auf den nördlichen Gefilden, insbesondere dem Spessart. Dieses größte zusammenhängende Gebiet aus Laubmischwäldern in Deutschland liegt an der Grenze zu Hessen. Zelten ist hier nur auf den dafür ausgewiesenen Trekking-Plätzen in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober für eine Nacht erlaubt. Nähere Infos und Buchungsmöglichkeiten findest du hier.

Alpen

Alpines Camping
Alpines Camping ist in der Regel verboten. Es gibt jedoch einige touristische Angebote, wie z.B. im Montafon.

Die (Vor)Alpen sind von dieser noch recht jungen Tourismusentwicklung gänzlich unberührt. Dafür gibt es hier reichlich Übernachtungsmöglichkeiten oberhalb der Baumgrenze, auf Lichtungen und gerodeten Flächen. Letztere sind jedoch meist zu einer Alm gehörende Weiden, ergo Privatbesitz und „illegal“. Auch dort, wo die Besitzverhältnisse nicht klar ersichtlich sind, kann es zu unerwünschten nächtlichen Begegnungen mit Bauern, Förstern oder Weidevieh kommen. Allerdings werden die Regeln im bayrischen Alpenland oft recht locker ausgelegt und bei gutem Wetter herrscht reger „Übernachtungsbetrieb“ an vielen schönen Stellen und vor allem Gipfeln.

Dennoch sei gesagt: Auch vorsätzliches Biwakieren kann im Zweifel als “geplantes” Camping ausgelegt werden und strafbar sein. Das ungeplante Notbiwak ist davon selbstverständlich nicht betroffen.

Couchsurfing für draußen: ein junges Internetprojekt

Die eben vorgestellten Naturlagerplätze sind ein gutes „Kompromissangebot“, insbesondere für Familien. Doch nicht jedem gefällt, dass dort überall ein Preisschild hängt und Begriffe wie „Buchung“ klingen für Puristen nicht gerade nach dem ersehnten Ausbruch aus dem durchregulierten Konsumalltag. Deshalb schauen wir zuletzt nochmal nach, ob es nicht auch legale Wildcamp-Möglichkeiten abseits von Infrastruktur, Regeln und Kosten gibt.

Und ja, es gibt Naturlagerplätze, wenn auch noch versteckt und vereinzelt. Um sie zu finden, muss man „nur“ die großzügigen Grundeigentümer finden, die gern zeltenden Gästen etwas Platz überlassen. Erste engagierte Anläufe, Eigentümer und „Wildcamper“ zusammenzubringen, stecken gerade in den Kinderschuhen. Eine Onlineplattform, die sich der systematischen Erfassung und Zugänglichmachung von Übernachtungsplätzen verschrieben hat, findest Du hier:

1nitetent.com – diese 2018 gegründete Plattform „sammelt Plätze auf einer Landkarte. Hinter diesen stehen nette Menschen, die ihren Garten mit Dir teilen.“ Besitzer eines schönen Fleckchens Erde können diesen eintragen und somit zugänglich machen. Also Couchsurfing, nur eben mit Zelt. Die auf dieser Plattform vermittelten Übernachtungen sind immer kostenlos.

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Bergfreund Stephan

“Flat is boring”, dachte ich mir als Kind des Flachlands immer. Bergsport war die Lösung des Problems. Aber nicht aller Probleme, wie ich beim Durchwursteln der Disziplinen von Bouldern bis Hochtouren herausfand. “Egal”, dachte ich mir und fühle mich heute bei alpinen Touren mit leichtem Gepäck sauwohl.

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