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Die MOSAiC-Expedition – von Eisbrechern und Viren

Inhaltsverzeichnis

Hallo, mein Name ist Laura, ich bin 33 Jahre alt und Diplom-Geographin. Selbst lebe und liebe ich den Bergsport, daher befindet sich meine aktuelle Basis im oberbayerischen Bad Tölz, von dort kann man wunderbar Touren in die Berge unternehmen – ob zu Fuß, mit dem Bike oder auf Tourenski.

Laura lebt und liebt den Bergsport. (Foto: Nixon)

Seit fast drei Jahren schreibe ich auf meiner Homepage https://alparctica.com/ über meine Leidenschaft für die Alpen und meiner Faszination und für die Arktisregionen. Dem hohen Norden bin ich schon seit 2011 verfallen, als ich im Rahmen einer geographischen Studienreise an einer Ostgrönland-Exkursion teilnahm.

Mittlerweile bin ich dort als Trekkinguide unterwegs und habe auch schon Touren auf einem kleinen Schiff in Süd- und Westgrönland geleitet. Während der Reisen halte ich Vorträge über die Inuit, das Ökosystem Arktis, erzähle über Wale, Robben und Geschichten bekannter Polarforscher, wie zum Beispiel Fridtjof Nansen oder Roald Amundsen. Deren Willensstärke, Leidenschaft und Durchhaltevermögen fesselt mich schon sehr lange und ich habe großen Respekt vor ihren teils waghalsigen Expeditionen.

Inzwischen gehört auch Spitzbergen zu „meinem” Gebiet, dort habe ich erst als Trekking Guide gearbeitet und bin ab diesem Jahr Expeditionsleiterin auf dem neuen Schiff „Cape Race“. Das Schiff ist nur für maximal 14 Passagiere ausgelegt und das Tolle ist, dass man Spitzbergen auf eine ganz andere Art und Weise kennenlernen kann. Täglich werden Landgänge unternommen und zusammen mit den Gästen beobachten wir die Tierwelt und die wunderschöne Gletscherlandschaft mit den zahlreichen Bergen ringsum.

Arktis – Hotspot des Klimawandels

Die Arktis ist eine sehr sensible Erdregion und das Epizentrum des Klimawandels. Denn die Arktis erwärmt sich doppelt so schnell wie der Rest der Welt. Betroffen ist das grönländische Inlandeis mitsamt seiner Gletscher, die Gletscher von Spitzbergen aber besonders auch das Meereis. Denn dieses geht vor allem im Sommer immer stärker zurück und verliert an Fläche.

Das hat gravierende Folgen für das ganze Ökosystem und letztlich auch für uns. Weil mir die Arktis persönlich sehr am Herzen liegt, halte ich mittlerweile auch Vorträge, denn die Zusammenhänge sind ziemlich komplex. Mittels meiner Bilder und Erzählungen versuche ich dies so anschaulich wie möglich zu gestalten. Fakt ist: das was in der Arktis passiert, bleibt nicht in der Arktis.

Die Expedition

Geduldiges Warten am Hafen – So war die Expedition nicht geplant.

Daher ist die größte Arktis-Expedition, die MOSAiC Expedition (Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate), ins Leben gerufen worden. Ein Jahr lang driftet der deutsche Forschungseisbrecher „Polarstern“ im Nordpolarmeer. Geplant wird die Expedition seit 10 Jahren hauptsächlich vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und sie ist mit extremen logistischen Herausforderungen verbunden – auch ohne Corona-Virus.

Den Hafen von Tromsö in Nordnorwegen hat die Polarstern bereits im September 2019 verlassen und ist seit Oktober an einer Eisscholle fest gemacht. Seitdem driftet der Eisbrecher mit der sogenannten Transpolardrift durch den arktischen Ozean.

Ziel der Expedition ist es, den Klimawandel in der Arktis besser verstehen. Untersucht wird die Biosphäre, die Atmosphäre, der Ozean mitsamt dem Meereis und vieles mehr. Die Teilnehmer werden ca. alle drei Monate ausgetauscht und insgesamt gibt es sechs sogenannte LEGs, die die Zeitabschnitte definieren. Zumindest, wenn alles nach Plan gelaufen wäre.

Die Quarantäne

Lauras Leben während der Quarantäne.

Ich selbst bin Teil von LEG 4. Normalerweise wäre mein Flug nach Spitzbergen am 26.03. gegangen. Nach einem mehrtägigen Safety Briefing wäre von der Siedlung Barentsburg das Team aus Wissenschaftlern und Crew mit russischen Kleinflugzeugen auf eine im Meereis künstliche angelegte Landebahn zum Forschungsschiff Polarstern geflogen worden.

Doch seit dem 01.03. befinde ich mich unter selbst auferlegter “Quarantäne”, denn als alles noch in der Schwebe stand, mussten wir uns am 12.03. auf Corona testen lassen. Nachdem Norwegen die Grenzen dicht gemacht hat, war der Test (damals auch negativ), hinfällig.

Seitdem lagen meine Nerven nicht nur einmal blank und ich befinde mich in einem Zustand von Ungewissheit. Um sich von diesem Gefühl nicht zu sehr einnehmen zu lassen, sind Yoga und Mediation große Stützen. Für mich geht es hier nicht nur um ein Abenteuer, sondern um eine finanzielle Einnahme – um einen Job. Leider muss ich davon ausgehen, dass die anderen Aufträge in Norwegen und Spitzbergen dieses Jahr nicht stattfinden können. Ich hoffe es aber weiterhin.

Das Team und die Crew von LEG3 stecken noch immer fest und warten auf den Austausch. Ein paar von ihnen sind über Station Nord (Nordgrönland) mittels Kanadischer Flugzeuge evakuiert worden.

Es geht weiter

Seit Ende April gibt es endlich einen Plan. Wir werden mit den beiden Schiffen “Sonne” und “Maria S Merian” von Bremerhaven nach Spitzbergen gebracht, dort werden die Schiffe aufgetankt, das Land dürfen wir aber nicht betreten. Danach geht es weiter zur Eiskante, wo der Forschungseisbrecher Polarstern zu uns trifft und der Austausch von LEG3 und LEG4 endlich erfolgen kann.

Sogar das Essen kommt bis zur Tür.

Seit dem 30.04. bin ich in einem Hotel am Fischereihafen in Bremerhaven untergebracht, seit dem 01.05. befinden wir uns alle in Einzelquarantäne. Insgesamt handelt es sich mitsamt neuer Besatzung von Polarstern, der Besatzung von Sonne und Merian sowie uns Teilnehmern um ca. 150 Menschen. Für die Quarantäne wurden zwei Hotels organisiert. Wir dürfen die Zimmer bis Freitag, 08.05. nicht verlassen, das Essen wird vor die Türe gestellt und wir stehen unter Beobachtung.

Nach einer Woche werden die Regeln etwas gelockert, wir müssen uns aber sehr distanziert verhalten und dürfen das Hotel nicht verlassen. Sollte jemand die Regel brechen, ist diese Person von der Expedition ausgeschlossen. Insgesamt unterziehen wir uns drei Corona-Tests. Die ersten beiden Testergebnisse waren zum Glück bei allen Teilnehmern negativ! Der Abstrich erfolgt mit einem Wattestäbchen durch ein Nasenloch in den Rachen hinein. Man kann sich Angenehmeres vorstellen und die Warterei in einer Isolation macht es nicht wirklich einfacher.

Es ist eine krasse Erfahrung aber man weiß ja, wofür man das alles macht. Dennoch fühlt sich das Ganze an, wie eine Expedition vor der Expedition. Ich freue mich, dass es endlich weitergeht und gleichzeitig bin ich natürlich auch traurig, dass ich mich von niemandem verabschieden konnte und keine Kontakte seit März hatte. Wir Menschen sind soziale Wesen und wir brauchen Nähe, unsere Freunde und die Familie. Ich hoffe, ich kann das alles nachholen.

Am 18.05 kann die Expedition nun endlich starten. (Foto: Nixon)

Die Schiffe starten am 18.05., dann geht es mit einem Team auf eine schwimmende Isolation in die “Prä-Corona-Zeit”.

Ich werde vor Ort übrigens als Eisbärenwächterin tätig sein und die Logistik organisieren, d.h. ich bin im Team Sicherheit und Logistik und begleite die Wissenschaftler während ihrer Messungen aufs Eis, warte Geräte, bringe die Forscher mit den Skidoos zu den aufgebauten Stationen. Unterm Strich bedeutet das, dass ich die meiste Zeit mit dem Fernglas nach Eisbären Ausschau halten werde. Es geht vor allem darum, Mensch und Tier zu schützen und rechtzeitig zu reagieren. Wenn alles glatt läuft, bin ich am 24.08. wieder zurück in Bremerhaven.

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Bergfreund Gastautor

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