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Lawinenschutz in den Alpen

Inhaltsverzeichnis

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Gefahr vor Lawinen (Foto von Joe Shlabotnik)

Wer schon einmal in den Alpen war, wird die unzähligen Lawinenverbauungen, Galerien und Fangnetze bemerkt haben. Diese reihen sich nicht selten wie eine kaum enden wollende Zahnspange durch die im Winter weißen Zähne des Hochgebirges. Der Grund hierfür liegt klar auf der Hand: Schutz vor Lawinen, Schutz der Bevölkerung und Feriengäste vor möglicherweise todbringenden Schneemassen. Wie aber sieht der Lawinenschutz in den Alpen konkret aus?

Lawinen stellen seit jeher eine ernsthafte Bedrohung in den Alpen dar. Jeden Winter kommt es an den Hängen der Alpenberge zu zahlreichen Lawinen. Gehen diese in einem Gebiet ab, in welchem selten Menschen sind, geht von den Lawinen oft nur eine geringe Gefahr aus. Spätestens wenn aber touristisch erschlossene bzw. besiedelte Gebiete betroffen sind, steigt die Zahl der Toten und Verletzten schlagartig an. Aus diesem Grund ist der Lawinenschutz in den Alpen seit jeher ein großes Thema. Nur mit Hilfe geeigneter Schutzmaßnahmen ist in den Wintermonaten ein sicheres Wohnen und Urlauben möglich.

Generell kann man das große Thema Lawinenschutz in zwei Unterbereiche gliedern: permanente sowie temporäre Schutzmaßnahmen. Zu den permanenten Schutzmaßnahmen zählen bauliche Eingriffe, forstwirtschaftliche Maßnahmen, sowie die Aufklärung und Information betroffener und interessierter Personen. Temporäre Schutzmaßnahmen kommen dann zum Einsatz, wenn eine konkrete Gefahr im Verzug droht oder bereits besteht.

Bauliche Maßnahmen

Lawine im Abgang (Foto von Roberto Cilenti)
Lawine im Abgang (Foto von Roberto Cilenti)

Ein großer Bereich der permanenten Schutzmaßnahmen sind bauliche Eingriffe in die Natur. Hierdurch kann man einerseits der Entstehung von Lawinen vorbeugen, andererseits kann man infrastrukturelle Einrichtungen wie Straßen und Gebäude bei einem Lawinenabgang schützen.

  • Stützverbauungen. Hierbei handelt es sich vielleicht um die prominentesten Vertreter der baulichen Lawinenschutzmaßnahmen. Man sieht sie in Form von massiven Schneebrücken aus Stahl oder als Netzkonstruktionen an unzähligen Hängen. Unabhängig von der Bauart haben alle Stützverbauungen das gleiche Ziel: den großflächigen Schutz für weiter unten liegende Areale. Stützverbauungen verhindern das Anbrechen von Lawinen. Große Schneemassen, die sich unter bestimmten Umständen aus ihrer Umgebung lösen könnten, werden an Ort und Stelle gehalten. Einen schwerwiegenden Lawinenabgang kann man somit verhindern.
  • Lawinendämme. Neben der klassischen Lawinenverbauung, die den Schnee am Hang hält, gibt es bauliche Maßnahmen, die eine abgehende Lawine ablenken, sodass keine Gefahr für Siedlungen oder Verkehrswege von der Lawine ausgeht. Will man beispielsweise Gebäude vor einer auslaufenden Lawine schützen, kann dies mit geeigneten Dämmen oder Bremshöckern erfolgen. Diese nehmen die Wucht des Schnees zielgerichtet auf und verlangsamen bzw. stoppen die Lawine. Darüber hinaus gibt es sogenannte Ablenkdämme, die Lawinen an Siedlungen vorbei lenken.
  • Galerien und Tunnels. Führt eine Straße durch ein von Lawinen bedrohtes Gebiet, wird diese in den Alpen nicht selten durch eine geeignete Galerie oder einen Tunnel geschützt. Hierdurch kann die Lawine quasi über das Dach der Straße hinwegfließen, ohne dass der Verkehr beeinträchtigt wird. Somit sind nicht nur die Autofahrer vor den Schneemassen geschützt, sondern es bleiben wichtige Verkehrsachsen auch nach einem Lawinenabgang passierbar.
  • Objektschutz: Hierbei handelt es sich um Einzelmaßnahmen, die ergriffen werden, um einzelne Objekte zu schützen. Dazu werden Wände verstärkt oder beispielsweise mit einer Art Keil, der die Wucht der Lawine ablenken soll, versehen. Somit können Schäden am Gebäude vermieden oder zumindest eingedämmt werden.

Forstwirtschaftlich-biologischer Lawinenschutz

Lawinenschutz (public domain)
Lawinenschutz (public domain)

Wald und aufgeforstete Areale stellen stets einen guten und günstigen Lawinenschutz dar. Dieser kommt abhängig vom Gelände als alleinige Maßnahme oder ergänzend zu Stützverbauungen zum Einsatz. Ein Wald als solcher besitzt dabei viele Vorteile: Durch große Forstgebiete können automatisch auch größere Gebiete effektiv vor Lawinen geschützt werden. Dabei geht es jedoch nicht ausschließlich darum, dass die Schneedecke durch Bäume abgestützt wird. In den Wäldern sind die Schneehöhen zudem geringmächtiger als auf vergleichbaren Freiflächen. Gegen bereits abgegangene Schneemassen können jedoch auch Bäume in der Regel wenig ausrichten; abhängig von der Wucht und Größe einer Lawine knicken sie wie Zahnstocher ab und verlangsamen die Schneemassen nur unwesentlich. Aus diesem Grund werden die waldbaulichen Maßnahmen vielerorts in Kombination mit Stützverbauungen aus Stahl eingesetzt.

Planerische Maßnahmen

Durch eine gezielte Datenerhebung, Forschung und Planung ist es möglich, besonders gefährdete Gebiete zu erkennen und gezielte Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Hierdurch entstehen beispielsweise Lawinengefährdungskarten, welche die Exposition einzelner Orte und Regionen zeigen. Die mögliche Art und Intensität der Lawinen wird in diese Betrachtung ebenfalls mit einbezogen. Analog dieser Karten und Analysen werden dann weitere Maßnahmen abgestimmt, sowie Bebauungs- und Nutzungsrichtlinien festgelegt. Darüber hinaus dienen solche Karten als Grundlage für aktuelle Lawinenberichte, die Einschätzung der Gefährdungsstufen sowie der Festlegung temporärer Maßnahmen.

Temporäre Maßnahmen

Immer dann, wenn die vorhandenen permanenten Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, oder an Orten, wo diese aus Kostengründen nicht realisierbar sind, kommen temporäre Schutzmaßnahmen zum Einsatz. Darunter versteht man sowohl aktive Maßnahmen, wie beispielsweise die gezielte Lawinensprengung, als auch passive Maßnahmen, wie die Veröffentlichung eines Lawinenlageberichts.

  • Künstliche Lawinenauslösung. Gerade in Skigebieten oder an gefährdeten Verkehrsverbindungen werden in den Wintermonaten immer wieder künstliche Lawinenauslösungen vorgenommen. Der Vorteil dieser Maßnahme ist, dass die Lawine gezielt abgeht und das betroffene Gebiet zuvor gesperrt und evakuiert werden kann. So können Gebiete, in denen sich größere Schneemengen angelagert haben, kurzfristig in einem kontrollierten Rahmen gesichert werden. Der Abgang von Großlawinen und die damit verbundenen Schäden und Beeinträchtigungen werden hierdurch ebenfalls eingedämmt. Künstliche Lawinenauslösungen werden in der Regel durch Sprengungen herbeigeführt.
  • Information und Warnung. Die aktuelle Lawinensituation wird in den Alpen fortlaufend ermittelt. Institute wie das schweizerische SLF oder die Lawinenwarndienste in Österreich geben hierzu regelmäßig aktualisierte Berichte heraus. Diese werden unter anderem über das Internet verbreitet und hängen zumeist an öffentlichen Einrichtungen wie Tourismusbüros und Skistationen aus. Ziel ist eine möglichst flächendeckende Information der Bevölkerung sowie der Touristen. Denn nur wer weiß, welche Lawinengefährdungsstufe aktuell besteht, kann sich angemessen verhalten und betroffene Gebiete schon während der Planungsphase einer jeden Tour umgehen.
  • Sperrung und Evakuierung. Abhängig von Lawinenlage, Wetter und Schneemenge kann es erforderlich sein, einzelne Gebiete komplett zu sperren bzw. gar zu evakuieren. Diese Maßnahmen werden immer dann getroffen, wenn die konkrete Gefährdung entweder nicht durch andere Maßnahmen gesenkt werden kann oder die Kosten hierfür in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen.

Fazit

Lawinenschutz ist in den Alpen nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. Langjährige Forschung ermöglicht es, gezielte Maßnahmen zur Reduzierung der Gefahr durch Lawinen zu ergreifen. Dies heißt aber nicht, dass die Gefahr durch Lawinen völlig gebannt ist. Großflächige Sicherungsmaßnahmen werden meist nur für Siedlungsräume, Straßen und Wintersportgebiete vorgenommen. Außerhalb dieser Areale sind bauliche Schutzmaßnahmen äußerst selten. Auch künstliche Lawinenauslösungen gibt es hier meist keine. Plant man also, die gesicherten Bereiche zu verlassen, ist es wichtig, sich vorab über die Lawinenlage vor Ort zu informieren. Denn nur durch die richtige Interpretation des Lawinenlageberichts sowie einer den Bedingungen angepassten Tourenplanung ist es möglich, bei Ski- und Schneeschuhtouren sicher unterwegs zu sein.

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Bergfreundin Lisa

Kurztext: Ich bin nicht zum Bergsport gekommen, der Bergsport ist zu mir gekommen. Ende der 80er haben mir meine Eltern gezeigt wie man Ski fährt und Ende der 90er habe ich das Klettern im Verein gelernt. Seit meiner Jugend gehören außerdem Ski- und Hochtouren zu meinen festen Bergsportdisziplinen.

1 Kommentar zum Artikel

  1. Laule Samuel 19. Mai 2020 06:21 Uhr

    Ich finde es super erklärt

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