Dein Klettergurt ist einer der Ausrüstungsgegenstände, auf den Du Dich zu einhundert Prozent verlassen können musst. Wenn Cams und Haken versagen, kann ein Sturz (abhängig von weiteren Sicherungen) trotzdem überlebt werden.
Ein Klettergurt jedoch hat kein Backup – Du bist auf ihn genauso angewiesen wie auf Dein Seil.
Viele Kletterer neigen jedoch dazu, ihren Gurt viele Jahre zu verwenden ohne ihn regelmäßig auf seine Funktionstauglichkeit zu überprüfen.
Wie stellt man aber fest, wann ein Klettergurt ersetzt werden muss? Es ist eigentlich ganz einfach.
Die Lebensspanne eines Klettergurts
Eine genaue Lebenszeit für einen Klettergurt anzugeben, ist schwierig. Jeder Gurt hat eine unterschiedliche Lebenszeit, sogar wenn es sich um denselben Hersteller und dasselbe Modell handelt. Jeder Kletterer klettert unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, in verschiedenen Stilen und an verschiedenen Orten. Ausrüster wie Black Diamond, Petzl, Arc’teryx und Mammut geben eine generelle Lebensdauer in den Produkthinweisen an, die jedem Gurt beigelegt sind (die meisten Produkthinweise findet Ihr auch online).
Die Lebensspanne beträgt laut Faustformel fünf Jahre. Obwohl man sich immer die gedruckte Lebenszeit in der Gebrauchsanleitung anschauen sollte, sind die angegebenen Zeitspannen oft zu wage, um absolut verlässlich zu sein. Anstelle nur auf die Herstellerangaben zu vertrauen, wann es Zeit zum Austausch ist, solltest Du die unten stehenden Faktoren bedenken und Deinen Gurt vor jedem Klettern auf Mängel oder Beschädigungen untersuchen.
Verschleißerscheinungen
Verschleißerscheinungen sind die eindeutigsten Zeichen, nach denen Du Ausschau halten solltest. Risse, Schnitte und Abrieb zeigen die meisten Gurte auf. Daher ist es wichtig, die kritischen von den weniger kritischen unterscheiden zu können. Die wichtigsten Stellen, die Du untersuchen musst, sind die Anseilpunkte. Diese nutzen sich am schnellsten ab. Halte Ausschau nach tiefen Einkerbungen und Schnitten. Wenn das Material aufgeraut und fusselig ist, stellt das meistens noch kein Problem dar.
Sorgen solltest Du Dir erst machen, wenn der Stoff soweit abgenutzt ist, dass er stellenweise ausgedünnt ist. Bestimmte Hersteller wie Petzl und Arc’teryx (siehe Bild) bieten Gurte an, bei denen die Anseilpunkte aus einem Kern aus farbig markierten Nylonfasern bestehen. Werden diese sichtbar, ist der Gurt nicht mehr sicher. Obwohl die Anseilpunkte sich meistens als erste abnutzen, stelle sicher, dass Du auch die anderen Elemente des Gurtes auf Verschleißerscheinungen überprüfst: Materialschlaufen, Gurtbänder, Beinschlaufen.
Du solltest Deinen Gurt in jedem Fall entsorgen, wenn irgendeines seiner Teile erhebliche Einkerbungen, Schnitte oder Abrieberscheinungen aufzeigt.
Nutzungsintensität
Überlege vor jeder Klettertour, was Du Deinem Gurt zumutest. Wer nur Toprope klettert oder nur niedrige Stürze hinnimmt, kann seinen Gurt oft Jahre benutzen. Falls bei Dir tiefe Stürze regelmäßig auf dem Programm stehen, kann es aber sein, dass Du Deinen Gurt jährlich austauschen musst (oder sogar noch öfter).
Nach einem gehörigen Sturz solltest Du jedes Mal den Gurt kontrollieren. Große Stürze können einen bombensicheren Gurt in ein Stück lumpiges Material verwandeln, dem Du nicht einmal zutrauen würdest, deine Hosen zu halten. Auch können die Kernfasern durch sehr tiefe Stürze in Mitleidenschaft gezogen werden. Daher solltest Du Dir überlegen, nach einem Whipper den Gurt zu ersetzen, auch wenn Du keine offensichtlichen Mängel erkennen kannst.
Nutzungshäufigkeit von Klettergurten
Wie oft Du kletterst, ist ein weiterer Faktor, den Du bei jeder Inspektion bedenken solltest. Wer täglich seine Routen abspult, wird seinen Gurt öfter ersetzen, als derjenige, der nur einmal pro Woche oder sogar nur einmal im Monat oder Jahr klettert. Jedoch müssen auch diejenigen, die seltener klettern, ihren Gurt früher ersetzen als sie vielleicht denken. Klettergurte haben ein Haltbarkeitsdatum und müssen entsorgt werden, auch wenn sie nicht regelmäßig gebraucht werden. Es ist wichtig zu wissen, wie alt Dein Gurt ist. Wenn Du einen gebrauchten Gurt von einem Freund bekommst, finde heraus, wie viele Jahre er auf dem Buckel hat.
Umwelteinflüsse
Du solltest auch bedenken, wo Du kletterst und wo Du Deinen Gurt aufbewahrst. Schmutz, Sonnenlicht und Wasser nagen an Deinem Gurt. Kletterst Du viel draußen, musst Du daher Deinen Gurt öfter austauschen als ein Hallenkletterer. Ein Wüstenkletterer, der gerne Kamine und Offwidths klettert, braucht öfter einen neuen Gurt als der durchschnittliche Otto Normal Kletterer. Feuchtigkeit und Schmutz wirken sich auch negativ auf die Lebensdauer aus. Bewahre Deinen Gurt daher nicht im Keller, auf dem Dachboden oder in einer Garage auf. Verfärbungen sind ein Anzeichen dafür, dass Umwelteinflüsse den Gurt angegriffen haben können.
Aufbewahrung deines Klettergurts
Wie Du Deinen Gurt behandelst, bestimmt ebenfalls seine Lebensdauer. Kletterer, die ihre Klettergurte gut behandeln und sie separat von anderer Ausrüstung aufbewahren, werden länger Freude an ihrem Gurt haben als solche, die den Gurt grundsätzlich zusammen mit anderen Gegenständen in einem Rucksack lassen. Scharfe Geräte wie Eisäxte und Klemmkeile können Klettergurte beschädigen, wenn sie zusammen in einen Rucksack gestopft werden. Manche Gurte kommen mit einer Netztasche, die sich zum kompakten Zusammenpacken des Gurtes und zum Reisen eignet.
Im Zweifel….
Der letzte Tip kommt von den Kletterern der alten Schule, deren Tenor lautet: Im Zweifel ersetzen! Keiner will auf halber Route an der Sicherheit seines Klettergurtes zweifeln. Wenn Du Dir also Sorgen machst oder unsicher bist, schaffe Dir am besten einen neuen Gurt an.
Lange Rede kurzer Sinn: Es ist Deine Aufgabe, zu entscheiden, ob Dein Gurt Dir noch genügen Sicherheit bietet. Untersuche Deinen Gurt oft nach Mängeln und entsorge ihn, wenn du Bedenken hast. Mit Entsorgen meinen wir wegwerfen, nicht verkaufen, verschenken, oder als Ersatz aufheben!