Könnt ihr euch noch an eure erste Trekkingtour oder Mehrtageswanderung erinnern? Also bei mir war das so: Den Rucksack hatte ich mir ausgeliehen und eigentlich war er für die Tour, die ich machen wollte viel zu groß. Aber da man ja bekanntlich nicht einfach mit einem halb vollen Rucksack losmarschieren kann, hatte ich es zu guter Letzt doch noch geschafft, allen möglichen Krimskrams einzupacken, sodass der Rucksack zum Schluss bis oben hin gefüllt war. Freilich hatte dies mit Ultraleichtrucksäcken rein gar nichts mehr zu tun, eher mit Ultraschwer. Dies hat dann dazu geführt, dass der Rucksack trotz gutem Tragesystem und zahlreichen sonstigen Annehmlichkeiten nicht nur zur Last, sondern mit der Zeit zum echten Problem wurde.
Jeder, der bereits ein ähnliches Erlebnis hinter sich hat, wird sich sicherlich geschworen haben: „Nächstes Mal kommt weniger und leichtere Ausrüstung in den Rucksack!“. Wie aber stellt man es sinnvoll an, wenn man nicht nur im, sondern auch am Rucksack selbst Gewicht sparen möchte? Aus diesem Grund tauchen wir nun einmal tiefer in die Welt der (ultra)leichten Rucksäcke ein.
Was unterscheidet einen herkömmlichen Rucksack von einem Ultraleichtrucksack?
Die Ultraleichtklasse zeichnet sich vor allem durch eines aus: minimalen Materialeinsatz. Um beispielsweise im Trekkingbereich einen Rucksack mit ca. 70 Liter Fassungsvermögen herzustellen, der aber unter einem Kilo wiegt, fliegt alles raus, was nicht unbedingt nötig ist. Hierzu zählen hauptsächlich Innengestell sowie dicke Polsterungen. Ein weiterer und gewiss nicht unwichtiger Weg, Gewicht zu sparen, sind die eingesetzten Materialen.
Das klingt jetzt erst einmal sehr krass und nach einem echt beschissenen Rucksack, der nichts kann. Dies ist in der Praxis natürlich nicht der Fall. Schauen wir uns also einmal an, wo man bei Rucksäcken Gewicht sparen kann, und wie dabei die Feinheiten aussehen:
Rahmen und Tragesystem eines Ultraleichtrucksacks
Rucksäcke, die dem Ultraleichtsegment entstammen haben in der Regel weder Rahmen noch Gestell. Der Grund hierfür ist denkbar einfach: weniger drin heißt auch gleichzeitig weniger Gewicht. Deshalb wird hier bewusst auf aufwendige Rahmenkonstruktionen und die damit oft verbundenen Tragesysteme verzichtet. Um dennoch einen guten Tragekomfort zu erreichen ist es wichtig, dass der Rucksack im Gesamten nicht zu schwer beladen und obendrein optimal gepackt wird. Hierzu haben wir euch in einem gesonderten Artikel einmal die wichtigsten dos und don’ts beim Rucksackpacken zusammengefasst. Ein einfacher Trick sei aber hier gleich verraten:
Die Isomatte (im Ultraleichtbereich kommen meist Schaumstoffmatten zum Einsatz) kann zur Aussteifung des Rückenteils hergenommen werden. So wird nicht nur eine gute Festigkeit des Rucksacks erreicht, sondern die Matte ist außerdem auch ordentlich verstaut. Hersteller wie Exped bieten darüber hinaus konventionelle Rucksäcke, wie zum Beispiel den Mountain Pro 40, an, die, je nach Bedarf, abgespeckt und somit um nahezu ein Drittel ihres Eigengewichts erleichtert werden können.
Fächer und Taschen bei Ultraleichtrucksäcken
Es steht außer Frage, dass mehrere Fächer in und an einem Rucksack für mehr Ordnung sorgen. Gleichzeitig bringen die Fächer selbst aber auch ein höheres Gewicht mit und bewirken nicht selten, dass der Rucksack eher dem eigenen Ordnungssinn folgend als unter funktionellen Gesichtspunkten gepackt wird. Daher wird bei den meisten Ultraleichtrucksäcken weitestgehend auf Zusatzfächer verzichtet. Oft kommen die Rucksäcke daher nur mit einem großen Hauptfach und 1-2 kleineren Fächern oder Taschen daher. Viele Ultraleichtrucksäcke verfügen außerdem über einen Rollverschluss, sodass Deckelfächer und dergleichen automatisch entfallen. Je nach Modell verfügen auch Ultraleichtrucksäcke über Befestigungsmöglichkeiten für Ausrüstungsgegenstände. Eine Halterung für Wanderstöcke bzw. Eisgeräte gehört hier schon nahezu zum Standard. Auch Kompressionsriemen dürfen an den meisten größeren Ultraleichtrucksäcken nicht fehlen. Gerade im Bereich von einem Volumen um die 45 Liter hat sich diese Bauweise bewährt. Rucksäcke dieser Größe sind meist auch für Mehrtagestouren völlig ausreichend.
Materialien von Ultraleichtrucksäcken
Gerade bei den Materialien lässt sich auch einiges an Gewicht einsparen. Leichtere und somit auch oft dünnere Stoffe müssen dabei aber nicht immer schlechter sein als ihre schwereren Kollegen. Durch den Einsatz von Materialien wie Dyneema kann auch im Leichtgewichtsegment ein gutes und vor allem langlebiges Ergebnis erzielt werden. Wichtig ist hier jedoch, dass die Rucksäcke nicht überladen werden, aber das würde das Konzept eines Ultraleichtrucksacks ohnehin ad absurdum führen. Auch spitze und scharfkantige Gegenstände haben nichts im Rucksack verloren und sollten entweder ausreichend verpackt oder außen am Rucksack angebracht werden.
Wer ein gutes Beispiel für einen großen, aber dennoch leichten und langlebigen Trekkingrucksack sehen möchte, dem sei der Radical von Ferrino empfohlen. Bei diesem großen Trekkingrucksack wurde nicht nur auf alles verzichtet, was zusätzliches Gewicht mit sich bringt. Es wurde hier außerdem auch auf leichte Materialien wie Cubic-Tech und Dyneema gesetzt, sodass der Rucksack trotz seines geringen Gewichts robust und widerstandsfähig ist.
Vorurteile und Missverständnisse
Manchmal möchte man meinen, die Welt hat sich in zwei Lager gespalten: die Ultraleichtjünger und die Robustheitsfetischisten. Zumindest bin ich im Erfahrungsaustausch mit Freunden und Bekannten, aber auch bei der Recherche zu diesem Artikel immer wieder auf zahlreiche Vorurteile, teilweise falsche Ansichten und offene Fragen gestoßen. Aus diesem Grund habe ich hier einmal drei der häufigsten Diskussionspunkte aufgeführt. Ich will dabei weder für die Fraktion ‘Ultraleicht’, noch für den Klub ‘Ultraschwer’ Partei beziehen.
Vorurteil 1: Ultraleicht = Ultrateuer
Kurz – stimmt nicht. Etwas länger – stimmt nicht immer. Freilich gibt es im Ultraleichtbereich Ausrüstungsgegenstände, die aufgrund ihres Materials, der Machart oder innovativer Technologien deutlich teurer ausfallen als vergleichbare andere Ausrüstungsgegenstände. Das gibt es aber auch im Bereich der „normalgewichtigen“ Ausrüstung. Gerade bei den Rucksäcken zeigt sich jedoch, dass Ultraleichtrucksäcke durch ihre meist eher einfache Machart (kein aufwendiges Tragesystem etc.) verglichen mit ihren konventionellen Kollegen preislich gut wegkommen.
Vorurteil 2: Ultraleicht = Ultraempfindlich
Auch diesem Vorurteil muss hier widersprochen werden. Dabei ist aber auch die Frage, was der Rucksack denn eigentlich können soll. Ist man auf der Suche nach einem super robusten Rucksack fürs Höhlen- und Kaminklettern, dann wird es zugegebenermaßen schwierig im Bereich der Ultraleichtrucksäcke. Aber gerade für (Mehr-)Tageswanderungen und Trekkingtouren gibt es auch unter den Ultraleichtrucksäcken zahlreiche Modelle, die in Sachen Langlebigkeit problemlos mit ihren schwereren Artgenossen mithalten können.
Vorurteil 3: Ultraleicht = Ultraunbequem
Zugegeben, die Umstellung von einem Rucksack mit ausgeklügeltem Tragesystem auf einen mit doch eher einfachem Kontaktrücken war auch für mich anfänglich seltsam. Das lag aber auch daran, dass ich im Geiste immer von einem hohen Gewicht ausgegangen bin, das es zu tragen gilt. Aber dafür sind Ultraleichtrucksäcke nunmal nicht ausgelegt. Es würde ja auch keinen Sinn ergeben zuerst jedes Gramm am Rucksack zu sparen und danach trotzdem durch das Mitnehmen schwerer Ausrüstung ein hohes Gewicht auf den Schultern zu tragen. Hier muss man ganz klar trennen.
Will ich mit leichtem und auch minimalistischem Gepäck unterwegs sein und lässt dies die geplante Tour zu, dann ist ein Ultraleichtrucksack sicherlich eine gute Wahl. Ist meine Tour aber so angelegt, dass ich neben einer umfangreichen Ausrüstung beispielsweise noch Nahrung und Wasser (sauschwer, gibts leider noch nicht gefriergetrocknet) mitnehmen muss, braucht es definitiv einen Rucksack, der für das Tragen größerer Lasten ausgelegt ist. In diesem Fall sollte man eher versuchen, das Gewicht des Inhalts auf ein Minimum zu reduzieren.
Fazit
Ultraleichtrucksäcke haben durchaus ihre Berechtigung. Je nach Einsatzgebiet und Inhalt können sie so maßgeblich zu einer unbeschwerten und gelungenen Tour beitragen. Will man sich auf das Spiel Ultraleicht einlassen, ist sicherlich der Rucksack einer der Ausrüstungsgegenstände, bei dem am meisten Gewicht eingespart werden kann. Dennoch ist es auch hier wichtig darauf zu achten, dass das gewünschte Modell auch zur Art der geplanten Verwendung sowie den persönlichen Bedürfnissen passt. Wie sind eigentlich eure Erfahrungen mit leichtgewichtigen Rucksäcken? Gibt es weitere Vorurteile, die Ihr aus der Welt schaffen wollt? Schreibt doch einfach einen Kommentar!
2 Comments on the Article
Hiallo, ich war dieses Jahr auf dem PCT in den USA unterwegs und hatte einen OSPEY Exos 58 dabei. Dieser Rucksack ist bei vielen Heikern sehr beliebt doch sollte man bedenken dass man nach über 3000 Km enorm an Gewicht verliert und dann der Rucksack vor allem auf der Schulter direkt auf dem Knochen aufliegt. Ich würde jeden Wanderer der lange Strecken läuft unbedingt zusätzliche Schulterpolster empfehlen und nach Möglichkeit einen Rucksack mit einem etwas stabileren Hüftgurt. Ansonsten hat sich der OSPREY sehr gut geschlagen auch wenn manchmal das Gewicht die 20 Kg Grenze gesprengt hat. Werde nächstes Jahr auf dem Appelachen Trail aber einen GREGORY ausprobieren. Gruss Jonny
Wir hatten auch recherchiert, welche UL-Rucksäcke für uns in Frage kommen. Ich bin dabei auf eine interessante Variante gestoßen: Aarn-Rucksäcke aus Neuseeland! Dabei verteilt sich das Gepäck-Gewicht quasi "um den Körper herum" und man spürt davon deutlich weniger. Wir wollen keine anderen Rucksäcke mehr haben! Man läuft ganz gerade und nicht leicht gebeugt wie mit den herkömmlichen Varianten. Sieht zwar etwas gewöhnungsbedürftig aus mit den Fronttaschen, aber das System ist super bequem und komm ganz ohne dicke Polsterung aus. Vielleicht könnt ihr die Marke in euer Sortiment aufnehmen? https://www.aarnpacks.com Grüße, Stef