Shop

Bergsteigen in der Cordillera Blanca am Alpamayo

Inhaltsverzeichnis

Alpamayo und Artesonraju

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Das Team: Thomas (ich), Flo, Max, Steffen und Truffi.

Als Bergsteiger ist die Frage nach dem nächsten Projekt allgegenwärtig. Ist einmal eines gefunden, dann fesselt es dich komplett und lässt deine Gedanken nicht mehr los. Du bist gefangen, bis du es versucht hast. Wenn du gerade von einer Expedition wie dieser zurückkommst, und vielleicht noch nicht einmal verarbeitet hast, was alles in den Wochen passiert ist, wie sollst du dann schon wieder ein neues Projekt finden? Projekt erledigt, Route geklettert, auf zur Nächsten!  Meistens ist es leider nicht so einfach. Große Projekte kosten mental viel Kraft. Doch dann reicht eben wieder ein einziges Foto von einem Berg, um ebendiesen nicht mehr aus dem Kopf zu kriegen.

Zeig mir ein Foto von einem schönen Berg, und meine Abenteuerlust ist geweckt

Zeitsprung – Es ist September 2016 in Arco und ich komme nach einem langen Klettertag aus der Tür von Marco Gelato und schau’ auf mein Handy. Flo hatte mir ein Bild von der Alpamayo Südwestwand geschickt und sofort waren Begeisterung und Abenteuerlust geweckt. Seit jenem sonnigen Nachmittag sollte mich die Wand nicht mehr loslassen.

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Mein Lieblingsfoto. Alpamayo vom Quitaraju aus gesehen.

Bis es allerdings soweit war, kam noch einiges an Organisationsaufwand auf uns zu. Nach unzähligen Skype-Sessions, nächtelangem Studium des Kartenmaterials und abenteuerlichen Vorbereitungstouren, stehen wir endlich Mitte August 2017 bei 30 Grad in unseren 6000er Schuhen am Flughafen Frankfurt und warten darauf, dass die 20 Packungen Schokolade in Truffis Daunenjacke anfangen, davonzulaufen.

Das richtige Team braucht es für solche Aktionen, und ich hätte mir dieses mal kein besseres vorstellen können: Wir sind insgesamt zu fünft – Max, Truffi, Steffen, Flo und ich. Allesamt mit Erfahrung im Höhenbergsteigen und gute Alpinisten, der eine mehr, der andere weniger.

3000 Höhenmeter: Gestern Frankfurt, heute Lima, morgen Santa Cruz – die Akklimatisation läuft

Nach guten 16 Stunden landen wir in Lima und haben direkt die nächste Etappe vor uns. Bis zu unserem Ziel Huaraz sind es nochmal 7 Stunden mit dem Auto. Im Halbschlaf kommen wir nachts um 2:30 Uhr endlich nach 30 Stunden Reisezeit im Hotel Santa Cruz an, und schon der Weg in den zweiten Stock lässt die Atmung kurz nach oben schießen. Wir befinden uns bereits auf 3000 Metern – wie praktisch, die Akklimatisation läuft! Das war bereits im Vorfeld ein großer Diskussionspunkt: Sollten wir von Huaraz erst ein paar leichtere Touren unternehmen, oder direkt durchstarten?

Wir entscheiden uns für letzteres. Für eine Stadtbesichtigung ist damit am nächsten Tag nur bedingt Zeit. Schließlich wollen wir am Tag danach aufbrechen. Also steht die Logistik auf dem Plan: Essen, Nationalpark-Tickets sowie Gas müssen besorgt werden. Der letzte Punkt auf der Liste bereitet uns allerdings ziemliche Kopfschmerzen. Zu unserer Zeit herrschte wohl ein ziemliches Gas-Monopol in Huaraz, das im kleinsten Outdoorladen erst einmal gefunden werden musste. Puh, wir haben alles, und endlich kann es losgehen!

4300 Höhenmeter: Auf dem Weg ins Alpamayo Basislager

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Die erste Nacht beim Zustieg ins Alpamayo Basislager.

Es ist der dritte Tag, und wir starten morgens in Richtung Santa Cruz Tal, dem Ausgangspunkt für Alpamayo und Artesonraju. Die offensive Akklimatisationsstrategie sollte sich allerdings noch etwas rächen. Wir wollen langsam aufsteigen und je nach Bedarf noch den ein oder anderen Ruhetag einplanen.

Willy, der Hotelmanager, fährt mit uns zum Taleingang nach Cashapampa, wo die von ihm organisierten Esel für den Transport ins Basislager warten. Über seine Unterstützung sollten wir uns nicht das letzte Mal freuen. Es ist einfach Goldwert einen lokalen Kontakt vor Ort zu haben!

Nach zwei Tagen kommen wir im Alpamayo Basislager an, welches mit seinen 4300m schon für die ersten Kopfschmerzen bei uns sorgt. Mit einer kurzen Akklimatationstour zur nahe gelegenen Lagune Arhuaycocha passen wir uns weiter an die Höhe an. Wir verbringen noch eine Nacht im Basislager, und deponieren tagsüber den Großteil der Ausrüstung im nächsten Camp. Flo hat leider dermaßen Kopfschmerzen, dass er entscheidet, über das Moränenlager hinaus nicht weiter aufzusteigen. Schade, aber sicher richtig.

5500 Höhenmeter: Aufstieg zum High Camp 

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Aufstieg ins Moränencamp. Alles andere als karg.

Von dort aus steht die letzte Etappe zum High Camp an, und diese hat es nochmal in sich. Es geht durch einen steilen Gletscherbruch auf 5500m hoch. Der Rucksack wird gefühlt von Schritt zu Schritt schwerer, und die dünne Luft zwingt uns öfters eine Pause auf. Die Sinnfrage schießt mir die ganze Zeit durch den Kopf, bis wir endlich am Pass ankommen, und die Alpamayo Gipfelwand zu Gesicht bekommen.

Auf Bildern sieht die Wand schon beeindruckend aus, aber jetzt stehen wir endlich davor. Das gibt Kraft für den restlichen Tag. Jetzt heißt es Zelt aufbauen, kochen, packen und ab ins Bett – der Ablauf ist mittlerweile automatisiert. Erschöpft und aufgeregt zugleich, heißt es jetzt für ein paar Stunden die Augen zu machen, bis es um zwei Uhr in der Nacht weitergehen soll.

5947 Höhenmeter: Gipfelglück am Alpamayo

Dann ist es endlich soweit: Zunächst wenig schwierig zum Bergschrund, über den es senkrecht nach oben geht. Danach sind wir wach und gehen am laufenden Seil zügig die Wand hoch, bis wir im letzten Teil auf eine weitere Seilschaft auflaufen. Dort wird es nochmal steil, und es folgen schöne Längen im Eis zum Gipfel. Die Aussicht an diesem Morgen ist unbeschreiblich, und ich kann es kaum glauben, dass wir schon nach einer Woche hier oben am Gipfelpilz stehen – Wahnsinn!

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1

Das Gleiche denkt sich wohl auch mein Körper während des Abstiegs. Die Sonne knallt mittlerweile mit voller Kraft, und es hat gefühlte 40 Grad auf den letzten Metern zurück ins Zelt. Nun streikt der Körper komplett, und ohne einen Bissen runter zu kriegen geht es mit Kopfschmerzen ins Bett. Truffi ist es ähnlich, und wir beide müssen den am nächsten Tag geplanten Quitaraju leider abschreiben. Wir wollen nur noch schnellstmöglich runter ins Basislager, wo Flo noch auf uns wartet. Schnell geht das leider nicht vonstatten, da auch am nächsten Tag noch keine große Regeneration zu sehen ist. Nachdem das Zelt abgebaut war, hätte ich mich gleich wieder reinlegen können. Puh – jetzt noch der Gegenanstieg wieder hoch zum Pass mit all dem Geraffel. Doch wie hat Hermann Buhl schon immer gesagt: “Es muss gehen!”

5500 Höhenmeter: Zurück im Basislager Alpamayo

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Schon im Alpamayo-Basislager haben wir unser nächstes Ziel im Blick.

Wie erwartet ist der Abstieg nochmal eine echte Kraftprobe. Doch mit jedem Meter, den es nach unten geht, kommen wir besser voran, und schließlich erreichen wir am Abend das Basecamp.

Am nächsten Tag gehen Flo und ich nochmals hoch ins Moränencamp, um den Rest der Ausrüstung zu holen. Das danken uns Steffen und Max, die ebenfalls ziemlich platt aber erfolgreich von der Quitaraju Nordwand zurückkommen. Somit sind wir wieder vereint, und es geht nach einem Tag Pause im Basislager weiter in Richtung Artesonraju. Dessen Nordgrat hatten wir bereits die ganze Zeit im Blick und wundern uns daher nicht, warum er als Vorlage für Paramount Pictures gelten soll.

5000 Höhenmeter: Das Moränencamp des Artesonraju

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Im Moränencamp vom Artesonraju nach einem langen Aufstieg.

Das Moränencamp des Artesonraju liegt auf der anderen Seite des Tales, und ist vom Alpamayo- Basecamp in einem (langen) Tag zu erreichen. Wir vermissen die Esel und verfluchen des öfteren die steile Gletschermoräne. In der Dämmerung kommen wir endlich auf 5000m an. Zum Abendessen gibt es eine Balkan-Reispfanne à la Trek’n Eat. Die Trockennahrung hatten wir für die Hochlager eingepackt – zum Glück, denn noch mehr Gewicht hätte ich hier nicht hochschleppen wollen. Wir malen uns noch schnell eine Route durch den Gletscher aus, bevor wir in die Schlafsäcke kriechen.

6025 Höhenmeter: Gipfelerfolg am Artesonraju

Gegen Mitternacht geht dann der Spießrutenlauf los. Der Neuschnee verdeckt die letzten Spuren. Steffen, der Erfahrenste, führt uns durch den wilden Gletscher, und wir gewinnen Meter für Meter. Das vorab ganz gut vorausgesagte Wetter lässt noch auf sich warten. Mit dem Sonnenaufgang stechen wir durch die Wolkendecke. Hier oben ragen nur noch die höchsten Gipfel aus ihr hervor. “Wie muss das erst am Gipfel aussehen” – schießt es mir durch den Kopf. Bis dahin ist es allerdings noch ein gutes Stück: Ein steiles Eis-Couloir führt bis zum eigentlichen Grat hinauf, der sich dann noch in die Länge zieht, und unsere Aufmerksamkeit bis zur letzten Minute fordert. Endlich zeigt der Höhenmesser die 6025m an. Gipfelerfolg am Artesonraju, und die Cordillera Blanca liegt uns in einem Wolkenmeer zu Füßen. Da spar ich mir jede weitere Beschreibung – schaut euch die Bilder an!

So schön es hier oben auch ist – dies war erst die erste Hälfte des Abenteuers. Mit ein paar Mal abseilen ist es diesmal nicht getan. Der Abstieg wird nochmal ein schöner Ritt. Es geht den gleichen Weg retour, und der weicher werdende Schnee macht es uns nicht leichter. Als wir wieder im Moränenlager ankommen, werden die letzten Essensreserven mobil gemacht, und wir stoßen auf den Tag an. So langsam wird das doch was mit der Akklimatisierung!

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Alpamayo und Artesonraju - Teil 1

Keine Pause in Sicht – Eseltreiber Petro will nicht verpasst werden

In unserer Planung war natürlich kein Pausentag einkalkuliert, also ist an ausschlafen nicht zu denken. Wir müssen unseren Eseltreiber Petro am nächsten Morgen im Alpamayo Basislager erwischen, wo noch ein Großteil unserer Ausrüstung deponiert ist. Die Schleife muss also auch noch gedreht werden bevor es dann endgültig zurück ins Tal Cashapampa geht.

Es müssen bald an die 30 Kilometer gewesen sein, die es bei strahlendem Sonnenschein wieder nach unten ging. Gestrahlt haben auch wir über beide Ohren als uns Willy wieder empfangen hat, um uns schnellstmöglich zurück nach Huaraz zu Pizza und Bier zu bringen.

Das war Tag 13 von 22 der Expedition und wir haben die beiden Hauptziele Artesonraju und Alpamayo bereits erfolgreich abgehakt. Wie es weitergehen sollte, wussten wir zu diesem Zeitpunkt selber noch nicht. Wollen wir uns an Perus Höchstem, dem Huascaran (6768m), versuchen oder doch die technisch anspruchsvollere Pisco Südwand inklusive Huandoy Norte in Angriff nehmen? Das erfahrt ihr im Folgenden!

Pisco Südwand und Huandoy

Die ersten beiden Wochen mit der Besteigung des Alpamayo und des Artesonraju haben uns ordentlich gefordert. Zum Glück haben wir noch einen Tag “frei” in Huaraz, um die nächsten Touren zu planen, Ausrüstung zu sortieren und einzukaufen. Und als ob das noch nicht genug wäre, kommt uns die ganze Zeit unser ständiger Begleiter „Hunger“ dazwischen. So wurde die Tourenplanung direkt ins Cafe Andino verlegt. Das Cafe ist sozusagen der Bergsteiger- Treffpunkt in Huaraz und wird also schon die nötige Inspiration mit sich bringen. Wir freuen uns noch darüber, dass Michi und Lukas dazu gestoßen und wir jetzt daher zu siebt sind.

Beim Durchblättern des Führers kommen die ersten Luxusprobleme auf: Ein Berg schöner als der andere, dabei haben wir nur noch sieben Tage Zeit. Weit oben auf unserer Liste steht natürlich Peru’s Höchster – der Huascarán mit seinen 6768 Metern. Aber bei der Auswahl eines Berges zählt eben nicht nur die Höhe, weshalb wir uns für die Abenteuer Variante entscheiden.

Die Pisco Südwand wollen wir als Erstes angehen. Die ist noch nicht mal im Führer enthalten. Wer kam überhaupt auf die Idee? Den krönenden Abschluss soll der Huandoy Norte über die Nordost-Route bilden. Puh …beide Routen sehen im Jahr, wenn überhaupt, nur eine Handvoll Begehungen. Verhältnisse? Bisher ganz gut – wird schon passen. Zur Not haben wir auch noch einen Plan B. Also los geht’s!

Auf dem Weg zum Pisco Basislager

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Pisco Moränencamp mit der Südwand im Hintergrund.

Wir sitzen nun wieder im Kleintransporter und biegen in das hinter dem Huascarán liegende Llanganuco Tal ein. Alleine hier erstrecken sich acht 6000er in die Höhe. Zurück in der Bergwelt ist die Vorfreude wieder bei uns angekommen.

Wir bleiben unserem Stil treu und nehmen die Esel nur wieder für den Gepäcktransport ins Basislager in Anspruch. Dort wandert der 30 Kilo schwere Rucksack auf die eigenen Schultern, und am nächsten Tag geht es zu unserem eigentlichen Ausgangspunkt, dem Pisco Moränencamp. Von hier wollen wir die Südwand angehen, und später ins Huandoy Hochlager aufsteigen.

Die wilde Pisco Südwand

Ich hatte fast vergessen, wie schön es ist, um Mitternacht aufzustehen – so hat man doch direkt mehr vom Tag! Im Lichtkegel der Stirnlampe geht es zum Anfang des Gletschers. Immer wieder stehen wir vor tiefen Spalten und müssen uns einen anderen Weg durch das Eislabyrinth suchen. Bis wir schließlich mit der Dämmerung an der Wand ankommen.

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Wilde Kletterei durch bizarre Eisformationen.

Die ersten Seillängen gehen noch einigermaßen zügig voran. Über eine kurze Felsstufe geht es weiter in ein Rinnensystem, das uns hoffentlich oben durch die Seracs schlüpfen lässt. Leider haben wir alles andere als schönen Trittfirn in der Wand.

Mit zunehmender Steilheit kommt immer mehr Schnee und Eis von oben herunter. Unsere persönliche Schneefräße Truffi gräbt sich allerdings unermüdlich nach oben und wir gewinnen Meter für Meter. Die Sicherungspunkte liegen bis zu einem Meter unter dem Schnee, was das Ganze nicht schneller macht. Teilweise stehen wir bis zu einer Stunde schlotternd am Stand, bis es endlich weiter geht und wir langsam wieder auftauen.

Es ist schon später Nachmittag, als wir die letzten Seillängen erreichen. Immer noch fragen wir uns, wie wir die riesigen Seracs überwinden sollen. Durch senkrechtes Eis geht es im wilden Zickzack kurz unter den Gipfel. Wir sind alle schon ziemlich mitgenommen, aber die letzten Meter lassen wir uns nicht entgehen. Geschafft! Mit dem Sonnenuntergang stehen wir alle Sieben auf dem Gipfel des Nevado Pisco (5752m). Ein gigantisches Gefühl, das mit seinen Freunden zu teilen.

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Gipfelfoto vom Pisco.

Nun aber schnell weiter, und mit der Stirnlampe den Normalweg runter. Nach gut 18 Stunden kommen wir endlich am Zelt an. Das hatten wir uns leichter vorgestellt. Morgen ist wohl erst mal ein Ruhetag angesagt. Trotz Müdigkeit wird noch richtig gut aufgekocht – selten hat ein Dosenbier so gut geschmeckt!

Am anschließenden Tag verabschieden wir Flo, der bereits zurück nach Huaraz muss, um seinen Flug zu erwischen. Lukas entschließt sich ebenfalls gegen die Tour.

Auf ins Huandoy Hochlager auf 5700m

Der Zustieg ins Hochlager von Huandoy Norte ist schon eine Tour für sich, denn um dorthin zu gelangen, müssen wir einen objektiv nicht ganz sicheren Gletscher queren, und dann noch eine 600 Meter hohe Firnflanke nach oben pickeln. Und das ganze Gepäck will ja auch noch mit nach oben.

So starten wir also wieder mitten in der Nacht und haben diesmal nur das Nötigste eingepackt. Die Außenwände der Zelte, Fäustlinge und sonstige Notfallreserven bleiben da. Es gilt, möglichst schnell dort hoch, und eben auch wieder runter zu kommen.

Der Zustieg über den Gletscher läuft gut, und wir steigen mit dem ersten Licht in die Flanke ein. Der Schnee ist etwas besser als beim Pisco, und wir kommen zügig voran. Doch auch hier steilt der letzte Teil der Wand immer mehr auf, und wir klettern nur auf den Frontalzacken stehend auf den Grat nach oben.

Hier folgt gleich die nächste Überraschung. Das Wetter hat wohl genug von guter Laune und wir müssen aufpassen, dass uns der Wind nicht runter bläst. Nichts wie weg hier – nur wie? Der Plan war, kurz auf das Gletscherplateau abzuseilen und gut. Leider stellt sich da nun eine riesige Randspalte in den Weg, und wir müssen noch weitere zwei Seillängen halb abklettern. Jeder will nur noch schnellstmöglich in seinen Schlafsack. Die gefühlte Temperatur -20 Grad. Wo sind eigentlich die verdammten Fäustlinge?

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Mit schwerem Gepäck geht es in Richtung Hochlager.
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Endlich im Hochlager bei eisiger Kälte angekommen.
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Sonnenuntergang kurz nach unserer Ankunft im Hochlager. Gewaltig!

Aufbruch zum Huandoy – Welcher soll es werden?

Mitten in der Nacht geht es erneut raus. Ich habe so gut wie nicht geschlafen. Das Zelt wurde die ganze Nacht durchgeschüttelt, und es hat immer noch nicht nachgelassen. Wir kochen Wasser für das Frühstück, welches direkt wieder kalt aus der Müslipackung kommt. So macht das keinen Sinn – wir legen uns noch mal hin und entscheiden uns für den niedrigeren Huandoy- Ostgipfel.

Drei Stunden später der nächste Startversuch. Der Berg hat sich ein wenig beruhigt, und mit der Sonne wird es schon besser werden. Wir versuchen es! Zunächst über einen leichten Firnhang zu einer Steilstufe, über die ein Eisband führt. Sowas bin ich zuvor auch noch nicht geklettert – auf allen Vieren geht’s dort hindurch. Wenig später stehen wir bereits auf dem Gipfel.

Sensationell, ein weiterer 6000er! Das hätte in der Nacht noch keiner für möglich gehalten. Doch wir müssen heute noch runter ins Moränencamp, wo Lukas auf uns wartet. Abstieg, Zelte einpacken, und die komplette Flanke abseilen. Natürlich wird es bereits dunkel, bis wir ankommen.

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Kriechband kurz unter dem Huandoy Gipfel.
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Die letzten Schritte vor dem Gipfel. Das Gipfelfoto wurde wegen der leichten Brise verschoben.
Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Wieder beim “Abstieg”. Zunächst aber nochmal die 2 Seillängen hoch zum Grat.

Wir verbringen den letzten Tag mit dem Abstieg und der Rückfahrt nach Huaraz, wo die letzte große Feier steigt. Zum Tanzen ist wohl keiner mehr in der Lage, aber bei Pizza und Coca-Bier lässt es sich auch aushalten!

Bergsteigen in der Cordillera Blanca: Pisco Südwand und Huandoy – Teil 2
Die letzte Nacht im Zelt bevor es in die Heimat geht. Wir werden es vermissen!

Ein großes Dankeschön

Die drei Wochen in Peru neigen sich dem Ende zu, und damit eine richtig lässige Zeit. Wir freuen uns, dass alle wohlbehalten die Heimreise antreten können. Ein großes Dankeschön geht an jeden Einzelnen für die Organisation, Motivation und super Stimmung in der Gruppe.

Ebenso bedanken wir uns für die Unterstützung von den Bergfreunden und Trek’n Eat! In einer selbst organisierten Expedition steckt einiges an Arbeit, weshalb sie jedem von uns umso mehr in Erinnerung bleiben wird. Nun ist aber erst einmal Pause angesagt, bis uns das nächste Projekt wieder in die Ferne zieht.

Zuletzt aktualisiert: 02.08.2023

Teile den Artikel mit anderen Bergfreunden

Bergfreund Gastautor

1 Kommentar zum Artikel

  1. Norbert Hoffmann 26. Jänner 2018 01:34 Uhr

    Eine sehr schöne und kurzweilige Expeditionsbeschreibung ohne heroische Übertreibungen, sowas liest man gerne ‍♂️

Schreib uns einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Entdecke die passenden Produkte im Bergfreunde.de Shop

Diese Artikel könnten dir auch gefallen