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Verbundhaken, Spreizdübel, Klebehaken, Bohrhaken. Was denn nun?

Inhaltsverzeichnis

Bohrhaken als Fixpunkt und Zwischensicherung beim Bergsport

Sportklettern und Bohrhaken. Das gehört heutzutage zusammen, wie Bouldern und tiefsitzende Hosen. Vielleicht hat Dir das beruhigend silbern glänzende Metall im Fels schon einmal zu ungeahnten Höchstleistungen verholfen. Vielleicht hast Du es auch schon einmal verflucht, weil weit und breit kein Haken in Sicht war und sich die 5er Platte mehr und mehr nach dem obersten Ende der Schwierigkeitsskala anfühlte.

Richtig gesetzt zeichnen sich Bohrhaken auf jeden Fall durch einen beachtlichen Zugewinn an Sicherheit im Felsklettern aus. Doch was ist nun richtig? Und was ist falsch gesetzt? Und woran erkennst Du richtig oder falsch? Was ist ein mechanischer Bohrhaken und warum kleben Verbundhaken nicht? Hier die Antworten…

Normanforderungen für Bohrhaken

Wie in fast allen Bereichen im Bergsport gibt es einmal die Europäische Norm (EN) und zusätzlich die UIAA-Norm. Bei Bohrhaken beinhalten diese Normen unter anderem:

  • Zugfestigkeit nach außen (axial) muss mind. 15 KN betragen
  • Zugfestigkeit nach unten (radial) muss mind. 25 KN betragen
  • Alle Teile des Bohrhaken müssen aus einem Material gefertigt sein
  • Nur UIAA: Alles Material muss aus Edelstahl, also korrosionsbeständig sein (Darf nicht rosten oder sich anderweitig auflösen)

Welche gibt’s?

Zunächst einmal kannst Du unterscheiden zwischen Verbundhaken und mechanischen Bohrhaken. Verbundhaken hast Du ganz bestimmt schon einmal unter dem Synonym „Klebehaken“ gehört. Das ist aber nur so mittelrichtig, umgangssprachlich könnte man sagen. Also besser Verbundhaken. Mechanische Bohrhaken untergliedern sich noch mal in „Spreizdübelsysteme“ und „Formschlüssige Systeme“. Genaueres dazu gleich. Wenn Du es ganz genau wissen möchtest, findest Du am Ende des Artikels einen passenden Link.

Ein Verbund von Haken, Mörtel und Fels

Der klassische Bühlerhaken
Bei uns häufig zu finden: der klassische Bühlerhaken.

Verbundhaken heißen so, weil sie sich zusammen mit einem Verbundmörtel und dem Fels verbinden. Logisch oder? Verbundhaken kleben genaugenommen also nicht in der Wand, sondern bilden einen Formschluss mit dem umliegenden Gestein. Also Loch bohren, schön sauber machen, Mörtel einfüllen, Haken rein, aushärten lassen und los geht‘s. Ganz so einfach funktioniert das natürlich nicht; eine ausführliche Erklärung würde aber einen eigenen Artikel in Anspruch nehmen.

Für Dich interessant: wie sehen die Dinger aus? In der Praxis findest Du Verbundhaken z.B. als die klassischen „Bühlerhaken“. Generell kannst Du Verbundhaken daran erkennen, dass sie aus einem Stück gefertigt sind und von Mörtel umschlossen werden.

Der Mechaniker

Petzl - Coeur Goujon - Bohrhaken bestehend aus Expansionsdübel, Mutter und Lasche
Petzl – Coeur Goujon Bohrhaken bestehend aus Expansionsdübel, Mutter und Lasche

Sozusagen das Gegenstück zum Verbundhaken bilden mechanische Systeme. Diese bestehen immer aus mindestens zwei Komponenten. Dem Haken an sich und der Bohrhakenlasche (Plättchen, Hänger). Die schon erwähnten Spreizdübelsysteme funktionieren ähnlich wie herkömmliche Dübel. Durch das Ausspreizen des Bohrhakens wird Druck auf das umliegende Gestein aufgebaut und der Haken im Fels verankert.

Formschlüssige mechanische Systeme kannst Du Dir ein bisschen wie handelsübliche Schrauben vorstellen, nur eben nicht für Holz, sondern für Gestein – und äußerst stabil. Ein Gewinde wird in ein schmaleres Bohrloch gedreht, sodass der Bohrhaken einen Formschluss mit dem Fels bildet.

Vertrauen? Ja. Nein. Vielleicht.

Woran lässt sich nun aber erkennen, welcher Bohrhaken Dein guter Freund werden kann und welchem Du besser mit zurückhaltender Vorsicht begegnest? Vorweg: Leider lässt sich das von außen manchmal nur sehr schwer feststellen. Dennoch hast Du die eine oder andere Möglichkeit…

  • Korrosion = Rost: Augen auf und Kopf einschalten
  • Bei mechanischen Systemen: Gewinde weit über die Mutter hinaus sichtbar?
  • Bei Verbundhaken: Drehtest mit Karabiner
  • Ungewöhnliche Haken Marke Eigenbau?
  • Bohrhaken in genügend Abstand zu Rissen, Kanten, etc.

Rost

Klar sollte Dir sein: wenn Du einen völlig verrosteten Haken vorfindest, darfst Du ihm aus gutem Grund misstrauen. Aber auch, wenn sich nur Spuren von Rost am Haken finden lassen, ist Vorsicht geboten. Bei Spreizdübelsytemen beispielsweise ist ein Hohlraum vorhanden, der Platz für Feuchtigkeit bietet und so rostanfällig sein kann. Auch verrostete Bohrhakenlaschen geben Dir einen Hinweis auf einen nicht mehr vollständig intakten Sicherungspunkt. Warum können Bohrhaken überhaupt noch rosten, die sind doch alle genormt?! Das Problem sind legierte Dübel. Diese erfüllen vielleicht die Anforderungen der Europäischen Norm, aber die dünne korrosionsbeständige Schicht des Dübels kann schon beim Setzen beschädigt werden und somit dem Rost einen Angriffspunkt bieten.

Montagefehler

Ein weit über die Mutter herausragendes Gewinde ist ein mögliches Anzeichen für einen Montagefehler bei Spreizdübelsystemen. Auch hier wieder ein Problem, dass Du nicht siehst: Bei zu großem Bohrloch oder einem Hohlraum kann der Dübel durch das Anziehen der Mutter nicht (genügend) ausspreizen. Die Folge ist, dass die Mutter sich bis ans Ende des Gewindes drehen lässt und scheinbar fest sitzt. Die axiale Zugfestigkeit ist so aber unter Umständen nicht gewährleistet.

Verbundhaken kannst du mithilfe eines Karabiners testen
Verbundanker-Test

Verbundanker, die Dir spanisch vorkommen kannst Du mit einem einfachen Trick testen. Du nimmst einen Karabiner und versuchst den Verbundanker zu drehen. Verbundanker lässt sich drehen? Ganz schlecht! Laut oder leise fluchen und eigene Sicherung legen, zur Letzten abklettern oder die Flucht nach oben ergreifen und auf Besserung hoffen. Lässt sich ein Verbundanker drehen ist dies ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der Mörtel nicht richtig abgebunden hat und der Haken keine ausreichende Sicherheit bietet.

Selbstgebastelte Bohrhaken stellen immer ein Risiko dar, da sie keiner Normprüfung unterzogen wurden. Unsaubere Schweißnähte, Haarrisse oder gar Leichtmetallanfertigungen aus Aluminium lassen die Haken nach außen hin vielleicht schön aussehen, bringen aber immer ein unkalkulierbares Risiko mit sich. Leider manchmal nur schwer zu erkennen.

Eigentlich auch Sache des Setzers, aber für Dich ebenfalls gut zu wissen: Spreizdübel sollten immer in ausreichend Abstand zu Rissen, Kanten, Löchern, etc. gesetzt werden. 15cm werden hier als Mindestabstand empfohlen.

Bei der Belastung der Haken spielt der Standort der Wand eine große Rolle. Temperatur, Feuchtigkeit, Abgase und Chloride wie z.B. Salzwasser können die Korrosion der Haken stark beschleunigen. Steht der Fels also in Meeresnähe, an einer viel befahrenen Autobahn oder in südlichen Gefilden sehr exponiert und ist damit hoher Hitze ausgesetzt, sollte man besonders aufmerksam sein und sich die Haken gut anschauen. Gleiches gilt, wenn das Klettergebiet offensichtlich wenig frequentiert und /oder schon älter ist. Dann ist das Risiko höher, dass seltener jemand für die Wartung der Haken vorbeischaut.

Fazit

Dieser Artikel soll keine Anleitung zum richtigen Setzen von Bohrhaken sein. Vielmehr soll er eine Orientierung bieten, auf was es in Sachen Bohrhaken ankommt und welche Möglichkeiten Du hast, einzuschätzen, wann Du Dich sicher fühlen darfst und wann besser Vorsicht geboten ist. Zum Erhalt der Nächstenliebe unter Kletterern solltest Du auf „learning by doing“ bei diesem Thema besser verzichten.

Alle detaillierten Informationen zum Thema Bohrhaken findest Du in einer kostenlosen Broschüre des DAV, hier als .PDF-Datei erhältlich, aber auch die kann keine Erfahrungswerte ersetzen. Für Dich als Kletterer gilt: Bohrhaken sind in aller Regel ein äußerst verlässlicher Teil der Sicherungskette, dennoch ist es nie verkehrt, mit offenen Augen durch die Wand zu gehen und den Verstand einzuschalten.

Zuletzt aktualisiert: 06.04.2023

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Bergfreund Florian K.

1 Kommentar zum Artikel

  1. Philipp 17. September 2021 20:53 Uhr

    Kleine Korrektur!!!! Im Abschnitt Rost auf den Dübeln wird erklärt das es trotz der Normen, legierte Dübel gibt und deren dünne korossionsbeständige Schicht beim Einbau beschädigt wird. Demnach muss es sich um beschichtete dübel und nicht legierte handeln den legiert wird Edelstahl. Oxidations und korrosionschutz wird beschichtet meistens auf nichtlegiertem Stahl.

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